Feuer auf Diplomaten nachrangig
Von Ina Sembdner
Die internationale Kritik an Schüssen israelischer Soldaten auf eine Diplomatengruppe in der besetzten Westbank ist nach der tödlichen Attacke vor dem Jüdischen Museum in Washington, D. C., schnell wieder in den Hintergrund gerückt. Zuvor hatten weitere Staaten Aufklärung von Israel über den Vorfall im palästinensischen Flüchtlingscamp Dschenin verlangt. So beriefen Uruguay und Kanada am Mittwoch (Ortszeit) die jeweiligen israelischen Botschafter in ihren Ländern ein, und das Außenministerium in Mexiko erklärte, es werde die Botschaft um »Klärung« ersuchen.
Nach belgischen Regierungsangaben war der Besuch am Mittwoch morgen mit der Armee koordiniert worden, die Diplomaten seien zudem in einem Konvoi »klar identifizierbarer Fahrzeuge« unterwegs gewesen. Laut einem europäischen Mitglied der Delegation war die Gruppe nach Dschenin gereist, »um die Zerstörung zu sehen«, die monatelange Angriffe und Razzien Israels dort hinterlassen haben. Die Armee behauptete, die Delegation sei von der genehmigten Route abgewichen und habe ein Gebiet betreten, »in dem sie sich nicht aufhalten durfte«. Daraufhin hätten Soldaten »Warnschüsse« abgegeben. Aufnahmen von AFP zeigen, wie die Delegation und sie begleitende Journalisten eilig Deckung suchen, während Schüsse zu hören sind. Mehrere Länder, die Vertreter in der Gruppe hatten, äußerten sich empört und forderten eine Untersuchung. Das Auswärtige Amt antwortete auf die Frage der dpa, ob wie in anderen Ländern der israelische Botschafter einbestellt worden sei: »Außenminister Wadephul hat heute direkt mit dem israelischen Außenminister telefoniert.«
Der nahm den Angriff vom Mittwoch abend auf zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington zum Anlass, gegen zuvor lauter gewordene Kritik unter anderem aus Paris auszuholen. »Es gibt eine direkte Verbindung zwischen antisemitischer und antiisraelischer Hetze und diesem Mord«, sagte Gideon Saar am Donnerstag in Jerusalem. »Diese Hetze wird auch von Führungspersönlichkeiten und Amtsträgern vieler Länder und Organisationen betrieben, besonders aus Europa.« Einen Zusammenhang mit dem Hungerkrieg im Gazastreifen sieht Saar nicht und erklärte: »Diese Verleumdungen über Völkermord, Verbrechen gegen die Menschheit und die Ermordung von Babys ebnen genau den Weg für solche Morde.«
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