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Aus: Ausgabe vom 21.05.2025, Seite 16 / Sport

Mit dem Segen Menottis

Von André Dahlmeyer
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Nur echt mit Parisienne: César Luis Menotti (1977)

Einen wunderschönen guten Morgen! Im Viertelfinale der argentinischen Meisterschaft gab es nur Auswärtssiege. Rosenkranz Central und Argentinos Juniors, die als Sieger der Zonenphase bis zum Finale Heimrecht gehabt hätten, schieden überraschend aus. Und der Club Atlético Independiente gewann sensationell in der Bombonera, der Pralinenschachtel der Boca Juniors.

Central empfing in Rosario im Stadion Riese des Bächleins Huracán aus Buenos Aires – jenen Verein, der bislang nur einmal Meister wurde, Anfang der 70er. Trainer damals war César Luis Menotti. Es sollte für ihn auch der einzige nationale Meistertitel in seiner Karriere bleiben, weltweit. Er rauchte internationale Kippen (Parisienne) und fühlte sich auch so. Ich mochte ihn sehr. Uns verband eine bedingungslose Liebe zu Independiente.

Der Canalla (die Kanaillen) hatte/n bislang alle Heimspiele gewonnen. Das Stadion war so voll, als wären auf dem Alexanderplatz Aliens mit Boilchen im Gepäck gelandet. Das Spiel war wie ein Gewitter. Zuvor gab es bengalischen Nebel. Zunächst dominierte Huracán mit erstaunlichem Pressing. Das Team von Frank Darío Kudelka machte alles richtig. Nach zwanzig Minuten dezte Walter Mazzantti eine Flanke von César Ibáñez in die Reusen, der erste Gegentreffer des Heimteams nach fünf Matches. Anschließend stellten die vom Parque Patricios um, verlegten sich aufs Kontern, konservative Schiene. Früher war das nicht konservativ, hieß aber auch noch Borussia Mönchengladbach. Lange her. Nach dem Wechsel zeigte Huracáns für Ecuador spielender Tormann Hernán Galíndez schöne Paraden. Central glänzte durch Nervosität. Fatura Broun im Kasten Centrals entschärfte zwei Hundertprozentige.

Auch den Argentinos Juniors gereichte ihr Heimrecht im Maradona-Stadion von La Paternal nicht zum Vorteil. Am Ende feierten die Jungs von San Lorenzo, dem Lieblingsklub von Papst Franziskus. Irgendwie traurig. Die Argentinos Juniors hatten eine tolle Saison gespielt. Bei San Lorenzo liegt alles im argen. Das letzte Jahr war grottenschlecht. Klar, die Fußballer bezogen kein Gehalt. Dann wurde es »besser«. Die neue Saison war vielversprechend. Dann starb der Papst. Am Tag danach wurde ein Video publik, das zeigt, wie der Klubpräsident Schmiergelder annimmt – während die Kicker noch immer kein Gehalt bekommen hatten, seit Monaten. Nun traten sie bei einem Verein an, in dessen Stadion überall an den Wänden steht: das Heim Gottes (für Maradona). Ein Verein, der vor 15 Jahren sensationell argentinischer Meister wurde, aber seitdem nichts mehr reißt. Schließlich brachte der Halb-Slowene Andrés Vomberger die Sanlorencistas in Front, Tomás Molina glich in der fünften Minute der Nachspielzeit aus. Das Elferballern ging mit 8:7 an den Vatikan.

Unglaublich war, was der Club Atlético Independiente im Stadion der Boca Juniors zelebrierte. Historisch gesehen ist Independiente eine Adresse im argentinischen Fußball, aber wenn es darauf ankommt, also wenn sie bei Boca oder River antreten, verlieren sie. Gerne auch wegen dubioser Schiedsrichter. Nach der Einführung des VAR ist es nicht besser geworden. Beim VAR geht’s ja nur um Sportwetten, und wie sich da tricksen lässt. Ich würde Ihnen gerne viel über dieses tolle Spiel berichten. Indes, ich mag nicht. Ich bin am Feiern. Feiern Sie nicht auch hin und wieder? Independiente gewann dieses Match in 90 Minuten, es war fast ein Klassenunterschied. Da Central verloren hat, hat Independiente im Halbfinale Heimvorteil gegen Huracán. Das heißt Endspiel und Titel. (River Plate spielte erst Dienstag.)

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