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Aus: Ausgabe vom 21.05.2025, Seite 2 / Kapital & Arbeit
Volksbegehren gegen Kliniksterben

»Das Interesse der Bevölkerung ist sehr groß«

Bremen: Volksbegehren soll Krankenhausschließung verhindern. Ein Gespräch mit Roman Fabian und Doris Urlbauer
Interview: Ariane Müller
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Ein Krankenwagen fährt zur Notaufnahme des Bremer Klinikums Links der Weser (26.9.2023)

Das kommunale Unternehmen Gesundheit Nord (Geno) betreibt vier Krankenhäuser in der Stadt Bremen. Der Senat der Stadt hatte 2023 beschlossen, das Klinikum Links der Weser (LDW) um die Jahreswende 2028/29 zu schließen und mit dem Klinikum Bremen Mitte (KBM) am dortigen Standort zu verschmelzen. Warum soll das gut funktionierende und finanziell gut dastehende Krankenhaus LDW geschlossen werden?

Roman Fabian: Der Senat beabsichtigt, ohne einen eigenen Krankenhausplan die Bettenkapazität um mehr als 500 zu reduzieren, weil sie angeblich nicht mehr benötigt werden, und das LDW zu schließen und es ins KBM zu verlegen. Und das, obwohl alle Notfallambulanzen überquellen und es nach einer Schließung des LDW keine Reservekapazitäten für Pandemien oder Katastrophen- und Zivilschutz geben wird. Der Senat hofft, durch die Schließung jährlich 20 Millionen Euro einsparen zu können.

Was bedeutet die Schließung für die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Süden von Bremen und dem Bremer Umland?

R. F.: Die medizinische Versorgung wird im Bremer Süden eindeutig schlechter. Auch wenn geplant ist, anstelle des Akutkrankenhauses ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) zu errichten. Im MVZ werden aber ab 20 Uhr keine Patienten mehr versorgt werden können. Das Herzzentrum am LDW ist eines der größten in der Republik. Das LDW ist das Krankenhaus für rund 180.000 Einwohner in der Grund- und Notversorgung. Das KBM liegt auf der nördlichen Weserseite. Es ist bekannt, dass alle fünf Weserbrücken einschließlich der Autobahnbrücke, die die beiden Teile Bremens verbinden, sich in einem desolaten Zustand befinden und dringend saniert werden müssen. Was ist dann mit den vielen Rettungswagen von der anderen Weserseite und dem dortigen Umland, die, um das KBM erreichen zu können, die Weser überqueren müssen? Schon jetzt entstehen jedes Mal große Verkehrsstaus, wenn Zufahrtsstraßen über die Weser z. B. durch Unfälle blockiert sind.

Wie reagieren die Beschäftigten im LDW auf die drohende Schließung?

Doris Urlbauer: Die Fehlentscheidung, das LDW zu schließen, schadet aktuell nicht nur der Klinik, sondern vor allem der Geno dahingehend, dass wir immer mehr Fachpersonal verlieren und die Einnahmen sinken. Die Verluste ergeben sich auch daraus, dass sich die Schließungsdiskussion um das LDW als »Konjunkturpaket« für die Konkurrenz der Geno herausgestellt hat. Viele Patienten sind der Meinung, das LDW sei schon geschlossen, oder denken, es sei besser, Operationen und Behandlungen gleich in Oldenburg, Delmenhorst, Hannover oder Hamburg vornehmen zu lassen – auch, weil sehr viele unserer Kollegen angekündigt haben, einen Wechsel zum Klinikum Mitte oder eine Verteilung auf andere Geno-Häuser nicht mitzugehen und sich schon jetzt umorientieren: raus aus der Geno oder raus aus Bremen.

Wieviel wird der Umzug denn kosten? Ist im KBM überhaupt ausreichend Platz?

R. F.: Das größte Problem ist der Mangel an Platz. Geeignete Grundstücke des Geländes wurden bereits vor Jahren verkauft. So müssten Teile des Krankenhauses im KBM aufgestockt werden. Wir wissen nicht, wie hoch letztlich die Kosten für den Ausbau des KBM sein werden. Die Summe wird sicherlich höher sein als die Sanierung des LDW. Wir sprechen von einer dreistelligen Millionensumme. Für die Kollegen im KBM gibt es jetzt schon nicht genügend Parkplätze. Was ist dann mit den Beschäftigten aus dem LDW, die auf das Auto angewiesen sind?

Wie geht es jetzt mit dem Volksbegehren weiter?

D. U.: Anfang Mai ist das Volksbegehren gestartet. Das Interesse der Bremer Bevölkerung und die Bereitschaft, das Volksbegehren zu unterschreiben, sind sehr groß. Wir müssen 25.000 Unterschriften sammeln. Unser Ziel ist ganz klar: die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, wohnortnahen, bedarfsgerechten Krankenhausversorgung. Alle Krankenhäuser der Geno müssen erhalten und in kommunaler Hand bleiben. Wir sind auf Facebook und Instagram mit dem Stichwort »Bremer Volksbegehren« sofort zu finden.

Roman Fabian ist Betriebsratsvorsitzender im Klinikum Links der Weser (LDW). Doris Urlbauer ist stellvertretende Betriebsratsvorsitzende im LDW. Beide sind Initiatoren des Bremer Volksbegehrens gegen die Schließung des LDW

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