Gemeinsam auf NATO-Kurs
Von Christian Bunke
Mit großem Tamtam wurde in London am Montag der Beginn einer »neuen strategischen Partnerschaft« zwischen Großbritannien und der EU verkündet. Die mit dieser »Partnerschaft« in Verbindung stehenden Abkommen sind das Ergebnis monatelanger Verhandlungen zwischen beiden Seiten. Am Montag trafen schließlich der britische Premierminister Keir Starmer, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, in London für zwei Stunden zusammen, um diese Abkommen zu unterzeichnen und zu verkünden.
Im Kern der neuen »Partnerschaft« geht es um polizeiliche, militärische und wirtschaftliche Aspekte. Die polizeilichen und wirtschaftlichen sind in einem Papier dargelegt, gelten als »gemeinsames Einverständnis«. Die militärischen Aspekte werden im Abkommen für eine »Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaft« abgehandelt. Beide Dokumente sind auf der Homepage der britischen Regierung abrufbar.
Schaut man über die Floskeln hinweg, fällt auf, dass es im Westen wenig Neues gibt. Viele Punkte sind als Absichtserklärungen formuliert, die wahrscheinlich noch einer konkreten Ausarbeitung bedürfen. Sie machen aber deutlich, wohin die Reise geht. So möchte Großbritannien die Einreise »junger Menschen« aus der EU nach Großbritannien erleichtern, die auf der Insel studieren oder einer Lohnarbeit nachgehen möchten. Vor allem letzteres wurde am Montag von Michael O’Leary, dem Boss der Billigflugairline Ryanair, begrüßt. Die Onlineausgabe der Tageszeitung The Guardian zitierte ihn mit den Worten: »Das macht einen großen Unterschied für Branchen wie Gastronomie, Handel und Landwirtschaft, denen es schwerfällt, neues Personal zu rekrutieren.« Übersetzt heißt das, britische Bosse erhoffen sich durch das Abkommen neue Möglichkeiten, um Löhne niedrig und Arbeitsbedingungen schlecht zu halten.
Auf der militärischen Ebene bekräftigen die EU und Großbritannien ihren bisherigen Kurs gegenüber Russland. In verschiedenen Punkten bekräftigen beide Seiten, auch weiterhin gemeinsam Soldaten für die Ukraine auszubilden und das Land mit Rüstungsgütern zu unterstützen. Gestärkt werden soll die Zusammenarbeit Großbritanniens und der EU innerhalb der NATO, unter anderem wenn es um die logistische Vereinfachung von Truppentransporten durch den europäischen Kontinent geht. Geplant ist außerdem eine verstärkte Kooperation, um gegen die russische »Schattenflotte« vorzugehen und »Infrastrukturen in der Tiefsee« zu schützen. Weiterhin ist geplant, die militärische Zusammenarbeit in auch weit von der EU entfernten Weltgegenden wie dem Indopazifik zu verstärken, »wenn dies den Interessen beider Vertragspartner dient«, wie es im Partnerschaftsabkommen heißt.
Während Großbritannien vereinfachten Zugang zu »billigen« Arbeitskräften bekommt, erhält die EU für die kommenden zwölf Jahre unbeschränkten Zugang zu britischen Gewässern zum Zweck der Fischerei. Dieser Punkt löst die Brexit-Vertragstexte über den Zugang in britische Fischgründe ab, die im Jahr 2026 ausgelaufen wären. Profitieren werden transnationale Fischereikonzerne, die nun vereinfachte Bedingungen zur Ausbeutung der Weltmeere vorfinden werden.
Abgerundet wird alles durch ein Bekenntnis zur Bekämpfung von Geflüchteten, und zwar »entlang der gesamten Route«, wie in den Vertragstexten mehrfach betont wird. Hierfür wird Großbritannien künftig unter anderem wieder enger mit der EU-Flüchtlingsbekämpfungsagentur Frontex zusammenarbeiten.
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