Gegründet 1947 Dienstag, 20. Mai 2025, Nr. 115
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 20.05.2025, Seite 8 / Inland
Militarismus

»Dem ist egal, ob er Toaster oder Waffen produziert«

Nach Hauptversammlung: Kriegskonzern Rheinmetall mit vollen Auftragsbüchern und Kursrallye an der Börse. Gespräch mit Barbara Happe
Interview: Gitta Düperthal
imago815945700.jpg
Mörderisch und bombastisch ist die Stimmung in der Chefzentrale von Armin Papperger (Hamburg, 1.5.2025)

Am Dienstag war die Rheinmetall-Hauptversammlung. Sie waren online zugeschaltet. Wie gut kann man an Geschäften mit Kriegen und Töten verdienen?

Bei der virtuellen Hauptversammlung präsentierte sich zunächst der Vorstand hocherfreut, dass er von einem Allzeithoch zum nächsten springt. Angesichts der wachsenden Rüstungsausgaben, wovon er selbst, als auch die Aktionäre stark profitieren, fand man dort sichtlich Gefallen daran, sich als »Sicherheitsgaranten« darzustellen. Außer von unserem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre gab es kaum Kritik. Nahezu alle anderen äußerten sich angetan davon, dass die Aktienkurse durch die Decke gingen.

Der Parteivorsitzende der Linkspartei Jan van Aken hat zwei Rheinmetall-Aktien, um Rederecht beim Rüstungskonzern zu haben. Ursprünglich habe er 180 Euro investiert, jetzt seien die Aktien 3.400 Euro wert. Er kritisierte, dass Menschen durch Krieg finanzielle Vorteile erlangen.

In der Tat, zu Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 waren die Aktien der Waffenschmiede noch unter 100 Euro wert; nachdem aktuell bekannt wurde, dass Bundesaußenminister Johann Wadephul von der CDU die Trump-Forderung nach einem Militäretat von fünf Prozent des BIP unterstützt, wird der Kurs wahrscheinlich noch weiter klettern, über den aktuellen Wert von 1.700 Euro hinaus.

Sie wollten Ihr Fragerecht nutzen, um zu erfahren, inwieweit sich der Konzern an Exporten für Staaten bereichert, die Menschenrechte verletzen oder in völkerrechtswidrige Kriegshandlungen verstrickt sind. Was haben Sie erfahren?

Der Konzern hält weiterhin an seiner Strategie fest, dorthin zu liefern, wo Nachfrage besteht. Früher hieß es auf Nachfrage: Auf Geschäfte in Drittländern könne man nicht verzichten, weil sonst ökonomisch die Pleite drohe. Jetzt, nachdem die Nachfrage in Europa und Deutschland massiv gestiegen ist, hält man trotzdem an dem Geschäftsmodell fest. Auch was die EU und die NATO betrifft, scheut Rheinmetall nicht davor zurück, an problematische Partner zu liefern. Ob man Toaster oder Waffen produziert: Das macht für den Vorstandsvorsitzenden Armin Papperger keinen Unterschied. Er liefert gern an beide Seiten: an die Ukraine und auch an Ungarn, dessen Regierung mit Russland kooperiert. Diese Doppelmoral des Konzerns kritisieren wir.

Für den 27. Mai sind die Hauptversammlungen von Hensoldt und Daimler Truck angesetzt. Was erwarten Sie dort?

Daimler Truck inszeniert sich als ziviles Unternehmen und betont, kein Rüstungsbetrieb zu sein. Dabei exportiert der Konzern Militärfahrzeuge in viele Drittstaaten, etwa nach Algerien, wo sie mutmaßlich zur Verfolgung von Geflüchteten eingesetzt werden. Der Konzern versucht, diese Realität unter den Teppich zu kehren. Da braucht es Transparenz, öffentliche Kontrolle und klare gesetzliche Verbote. Hensoldt wird sich auch als Garant für Sicherheit und Nachhaltigkeit präsentieren. Der Konzern verfolgt trotz prall gefüllter Auftragsbücher hierzulande eine expansive Internationalisierungsstrategie, die auf maximale Gewinne ausgerichtet ist. Enge Kooperationen etwa mit Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten belegen das. Unsere Kritik richtet sich gegen ein solches Geschäftsmodell, das ethische Standards und Menschenrechte systematisch missachtet.

Welche Rolle spielt die Bundesregierung mit Kanzler Friedrich Merz im Business mit Krieg und Tod?

Rheinmetalls Gewinne beruhen nicht auf unternehmerischer Leistung, sondern auf der staatlichen Nachfrage, weil der deutsche Staat mit Steuermitteln Aufrüstung finanziert. Milliarden aus öffentlichen Sonderschulden fließen ungebremst in die Taschen von Aktionärinnen und Aktionären. Wir halten eine Übergewinnsteuer für Rüstungskonzerne für nötig. Wer eine Umverteilung öffentlicher Mittel zu Lasten der Allgemeinheit und des sozialen Zusammenhaltes verhindern will, muss sich dieser Debatte stellen.

Barbara Happe ist Vorständin des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche: