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Aus: Ausgabe vom 20.05.2025, Seite 7 / Ausland
Ausgang der Präsidentschaftswahl

Enges Rennen in Polen

Liberaler Präsidentschaftskandidat knapp vorn.
Von David Siegmund-Schultze
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Freut er sich zu früh? Trzaskowski vor seinen Anhängern am Wahlabend (Sandomierz, 18.5.2025)

Der Vorsprung ist denkbar knapp: Mit 31,36 Prozent der Stimmen hat der liberalkonservative Rafał Trzaskowski die erste Runde der Präsidentenwahl in Polen am Sonntag gewonnen – sein von der rechten PiS-Partei unterstützter Kontrahent Karol Nawrocki erhielt 29,54 Prozent der Stimmen. Trzaskowskis Vorsprung hatte zu Beginn des Wahlkamps noch zwölf Prozentpunkte betragen. Eine Woche vor der Wahl waren es fünf. Jetzt sind es nicht mal mehr zwei.

Bei der Stichwahl am 1. Juni ist es gut möglich, dass Nawrocki den aus dem Regierungslager von Donald Tusk kommenden Trzaskowski ganz überholen wird. Denn auf dem dritten und vierten Platz sind mit 14,8 und 6,3 Prozent zwei extrem rechte Kandidaten gelandet – mehr als 21 Prozent der Stimmen, die bei der Stichwahl wohl eher an Nawrocki gehen werden. Während die Rechten besser abschnitten als erwartet, hat die sozialdemokratische Kandidatin Magdalena Biejat mit 4,22 Prozent deutlich weniger Stimmen erhalten, als die Umfragen vorhersahen. Noch keiner der am Sonntag Ausgeschiedenen hat jedoch bisher eine Wahlempfehlung ausgesprochen.

Anders als in der BRD hat ein Präsident in Polen beträchtliche politische Kompetenzen. Als Oberbefehlshaber der Armee hat er großen außenpolitischen Einfluss und kann Gesetze per Veto blockieren. Mit diesem Instrument hat der Amtsvorgänger Andrzej Duda, der ebenfalls auf PiS-Ticket fuhr, Tusks Vorhaben ein ums andere Mal ausgebremst. Diese Rolle will Nawrocki weiterführen. Vor seinen Anhängern sagte er am Sonntag, dass keine Partei ein Machtmonopol erhalten solle. »Wir sind hier, und wir werden gewinnen.« Trzaskowski warb am Wahlabend hingegen damit, dass im Falle seiner Wahl Tusk seine Vorhaben durchsetzen könnte: »Ich garantiere eine gute Zusammenarbeit mit der Regierung, denn unser Land braucht Ruhe und keine Konflikte.«

Trzaskowski kündigte an, als Wahlsieger den Plan der Regierung zu unterstützen, bis zur zwölften Schwangerschaftswoche Abtreibungen zu erlauben. Dagegen machte Nawrocki Stimmung. Außerdem zeigte dieser sich kritischer gegenüber der EU als sein Kontrahent, auch wenn er keinen Austritt anstrebt. In zwei wesentlichen Punkten sind sie sich aber einig: Fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen für Rüstung ausgegeben und Asylsuchende noch drastischer zurückgewiesen werden.

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