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Aus: Ausgabe vom 20.05.2025, Seite 7 / Ausland
Parlamentswahl

Portugals Rechte zieht vorbei

Regierungsbündnis bei Parlamentswahl mit Zugewinn, Sozialdemokraten bangen gegen ultrarechte Chega um zweiten Platz
Von Fabian Linder
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Es bleibt knapp zwischen Sozialdemokraten und ultrarechter Chega (Lissabon, 18.5.2025)

Kein Wort mehr von Korruptionsvorwürfen oder verlorener Vertrauensfrage: Wahlsieger der vorgezogenen Parlamentswahlen vom Sonntag in Portugal ist das rechtskonservative Regierungsbündnis Aliança Democrática (AD) von Ministerpräsident Luís Montenegro. Zwar stehen noch die vier Sitze aus, die von im Ausland lebenden Portugiesen gewählt werden, aber klar ist bereits, dass das rechte Lager das stärkste Ergebnis seit der Demokratisierung des Landes 1974 eingefahren hat.

Während die AD mit mehr als 32 Prozent der abgegebenen Stimmen einen Zugewinn von neun Sitzen verzeichnen kann, musste der sozialdemokratische Partido Socialista (PS) eine herbe Schlappe hinnehmen. Er verlor mit knapp 23 Prozent 20 Mandate und kann nur noch 58 Abgeordnete nach Lissabon schicken. Der PS liefert sich darüber hinaus ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen mit der ultrarechten Chega, die mit gegenwärtig 22,5 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis erzielen konnte. Auch wenn der PS gegenwärtig noch 50.000 Stimmen vor der Chega liegt, kann die Partei ebenfalls 58 Mandatsträger in die Nationalversammlung entsenden. Die endgültige Entscheidung über den zweiten Platz liegt bei den Stimmen der Auslandsportugiesen, die tendenziell eine sehr geringe Wahlbeteiligung aufweisen. Bereits bei den vorgezogenen Neuwahlen im vergangenen Jahr konnte die Chega zwei dieser vier Sitze gewinnen. Sollte dies wieder der Fall sein, wäre es ein zweifaches Debakel für den PS. Neben dem schlechtesten Ergebnis seit 1987 würden die Sozialdemokraten nur drittstärkste Kraft. An vierter Stelle postiert sich die Liberale Initiative (IL), die mit einem kleinen Zugewinn auf neun Sitze kommt.

Weiter links vom PS sieht es ebenfalls dürftig aus. Die aus der Kommunistischen Partei Portugals (PCP) und den Grünen bestehende Demokratische Einheitskoalition (CDU) konnte immerhin noch drei von bislang vier Mandaten erringen, während der Linksblock Bloco de Esquerda mit seiner Parteivorsitzenden Mariana Mortágua auf nur ein Mandat statt bislang fünf kommt. Einzig die links-grüne Partei Livre konnte sich von zuvor vier auf sechs Abgeordnete steigern. Nicht unerheblich dürfte dabei für die linken Parteien gewesen sein, dass Chega vier Wahlkreise im Süden gewonnen hat, in denen die CDU in der Vergangenheit regelmäßig zweitstärkste Kraft nach dem PS war. Die Sozialdemokraten errangen jedoch nur einen Wahlkreis. Sowohl CDU als auch Linksblock zeigten sich dennoch kämpferisch angesichts dessen, was von der künftigen Regierung und starken Ultrarechten zu erwarten sei. Die CDU habe »ein Ergebnis des Widerstands« erzielt, kommentierte PCP-Generalsekretär Paulo Raimundo, angesichts der Gefahr, dass damit die »rückwärtsgewandte, neoliberale und unsoziale Agenda« noch verschärft werde.

PS-Spitzenkandidat Pedro Nuno Santos kündigte indes seinen Rückzug vom Posten des Parteivorsitzenden an. Weder er noch seine Partei würden eine Minderheitsregierung der AD unterstützen, erklärte er nach seiner Niederlage. Die Allianz vertrete ein Programm, das gegen die Prinzipien und Werte der Sozialdemokraten gehe. Montenegro sei nicht für den Posten des Premiers geeignet, wie das vergangene Jahr gezeigt habe. Daran würden auch die Wahlen nichts ändern.

Das sieht der Wahlgewinner anders. Montenegro verwies auf den Wunsch der Abstimmenden nach Stabilität und einer Regierung, die das Land die volle Legislaturperiode führe. Ob der alte und neue Premier und seine AD bei der Ankündigung bleiben, nicht mit Chega zusammenzuarbeiten, wird sich also zeigen. Schließlich verfügt das rechte Lager nach jetzigem Stand auch über eine Mehrheit, um Verfassungsänderungen durchzuwinken. Chega-Chef André Ventura sprach jedenfalls von einem historischen Ergebnis.

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