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Aus: Ausgabe vom 16.05.2025, Seite 10 / Feuilleton
Comic

Nein! Doch! Oh!

Das Comicmagazin Mosaik hat Grund zum Feiern – und ein verloren geglaubtes Digedags-Heft erscheint als Sahnehäubchen
Von Hagen Bonn
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Heute gibt es Nichtsimtopf mit Niewasdran: Eisangeln in Petersburg

Wissen Sie, was ein Quadratjahr ist? Dachte ich mir. Mathematisch gesehen ist 2025 ein solches »Quadratjahr«, da es das Quadrat von 45 ist. Also: 45² (45 × 45) = 2025. Passiert sehr selten. Vielleicht kommt es deshalb dieses Jahr so richtig dicke: 500 Jahre Deutscher Bauernkrieg, 300. Geburtstag von Casanova, nicht ich, also der echte. Dann 80 Jahre Befreiung vom Faschismus. Und: Fanfare! Wir feiern 50 Jahre Abrafaxe, die beliebtesten Comichelden Ostdeutschlands. Passend dazu feiern wir auch das 70jährige Bestehen des Comicmagazins Mosaik.

Wenn Sie jetzt denken, puh, jetzt reicht es aber, muss ich Sie enttäuschen, denn wir feiern außerdem den 100. Geburtstag des Begründers dieses Magazins. Am 16. Mai 1925 wurde der Grafiker und Comiczeichner Hannes Hegen geboren. Mit den ursprünglichen Hauptfiguren des Mosaik, den Digedags, wurde er ab 1955 republikweit bekannt. Nachdem er 1975 die Zeitschrift verlassen hatte, übernahmen die Abrafaxe ab 1976 das Kommando, bis heute. Ich muss mich korrigieren: Denn die Digedags sind wieder da. Doppeltrompete! Es gibt zwei neue Digedags-Hefte. Denn im Nachlass von Hannes Hegen fanden sich einst verschollen geglaubte Manuskripte. Vollständig ausgearbeitet. Louis de Funès würde jetzt sagen: »Nein! Doch! Oh!«

Aber beruhigen wir uns. Sagen wir einfach mal danke. Die »Schuldfrage« zu dieser Überraschung lässt sich leicht klären: Die Mosaik-Enthusiasten und Herausgeber der Hefte Henning Krowiasch und René Brecht stifteten die ehemaligen Mosaik-Zeichner Ulf S. Graupner und Steffen Jähde an, die beiden Hefte »nach traditionellem Vorbild« umzusetzen. Ob das gut geht? Heute gab es bei mir zum Beispiel »Omas Kartoffelsalat«. Oma ist zwar tot, aber ihr Rezept liegt aus mir unbekannten Gründen bei einem Discounter. Was ich nicht wusste, Oma hat laut Liste der Inhaltsstoffe Natriumnitrit, Ascorbinsäure, Dextrose und Phosphate in den Salat gerührt. Phosphate? Ah, damit ich nachts auch ohne Licht auf die Toilette finde. Klasse, Oma!

Also gut, lasst uns in das – ab Freitag erhältliche – erste Heft schauen. Ehrfurchtsvoll öffne ich, ganz langsam und vorsichtig, die Repräsentanz der Vergangenheit im Heute: »Das Duell an der Newa«, so steht es auf der Titelseite. Und da ist es schon geschehen! Ich befinde mich im Jahr 1855. Und Leningrad, Pardon, Petersburg ist … echt retro. Wow, als hätte die Frau von Hegen, Edith Hegenbarth, selbst die Kostüm- und Figurenentwürfe geliefert. Das tat sie nämlich ab 1957 unzählige Male für das Mosaik, weshalb das neue Digedags-Heft auch dem Künstlerehepaar gewidmet ist.

Ich werde selbstverständlich überhaupt nichts aus dem Inhalt des Heftes verraten. Null! Nichts von einem Tauchboot und seinem Konstrukteur oder davon, dass die Geschichte im Winter spielt. Nun ja, auch Neptun spielt mit, der Typ mit dem Dreizack. Mein Mitleid gilt einem hungrigen Angler, der versucht, in der vereisten Newa seine Mahlzeit zu organisieren. Er ändert schließlich seine Taktik und wird Vogelfänger: »Krähenbraten ist bestimmt eine bessere Abendmahlzeit als Nichtsimtopf mit Niewasdran.« Dem kann ich nur beipflichten. Ob er seinen Hunger stillen kann, erfahren wir auf Seite 22 von 24. Wie erwähnt, über den Haupterzählstrang, also das U-Boot, erfahrt ihr nichts von mir. Wann das zweite Heft erscheint, verrate ich auch nicht, denn ich weiß es nicht.

Übrigens, das nächste Quadratjahr ist 2116. Da lade ich dann alle jW-Leser von heute zu einer Party ein. Und bringt eure Eltern mit!

»Das Duell an der Newa«, Mosaik, 24 Seiten, 15 Euro

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