Neuer Prozess gegen Shell
Von Gerrit Hoekman
Die niederländische Umweltschutzorganisation Milieudefensie (»Umweltverteidigung«) sitzt dem britischen Öl- und Gaskonzern Shell weiter hart im Nacken. Die Klimaschützer kündigten laut dpa am Dienstag den nächsten Prozess gegen das Unternehmen an. »Wir fordern, dass Shell sofort die Entwicklung neuer Öl- und Gasfelder stoppt«, erklärte der Vorsitzende von Milieudefensie Donald Pols in Amsterdam. Die Förderung von fossilen Energien aus neuen Feldern hätte katastrophale Folgen für das Klima, sagte Pols.
Nach außen gibt sich Shell betont gelassen. Hinter der Fassade dürfte es den Konzern aber doch etwas beunruhigen, erneut gegen die Aktivisten aus den Niederlanden in eine juristische Auseinandersetzung ziehen zu müssen. Den letzten Prozess gewann der Konzern im vergangenen Jahr erst in der Berufung. Damals ging es um eine umfassende Reduzierung der CO2-Emissionen. In erster Instanz hatte die Umweltorganisation noch gewonnen, was die weltweite Klimaszene als historischen Sieg feierte. Das Gericht verpflichtete Shell, die Emissionen zu reduzieren, auch jene, die bei den Zulieferern und Kunden entstehen. Das letzte Wort hat jetzt der Oberste Gerichtshof, die höchste Instanz. Parallel dazu beginnt nun die Vorbereitung der neuen Klage.
Dabei knüpft Milieudefensie an das negative Urteil der Richter im Berufungsverfahren an. »Das Urteil enthält bahnbrechende Passagen«, stellte Sjoukje van Oosterhout, Leiterin des juristischen Teams der Umweltschutzgruppe, am Dienstag in einem Interview mit der Tageszeitung De Volkskrant fest. »Es ist also eine sehr gute Grundlage vorhanden, nur der letzte Teil hat nicht geklappt.« Das Gericht schloss seinerzeit nicht aus, dass Investitionen in neue Öl- und Gasvorkommen gegen die besondere Verantwortung verstoßen könnte, die Shell für den Klimaschutz habe.
Die Umweltschützer glauben, aus dem ersten Verfahren gelernt zu haben. Sie nehmen jetzt einen genauer umrissenen Bereich des Konzerns ins Visier – das hatte der Richter im verlorenen Berufungsverfahren als möglicherweise erfolgreichere Alternative angedeutet. »Um die Klimakrise abzuwenden, ist kein Platz für neue Öl- oder Gasfelder«, sagte Donald Pols laut der niederländischen öffentlich-rechtlichen NOS auf einer Pressekonferenz in Amsterdam. Shell plane sogar mehrere hundert davon. Die von Shell unbestätigte Zahl 700 steht im Raum. »Als Gesellschaft können wir nicht länger akzeptieren, dass ein Unternehmen wie Shell unsere Zukunft bestimmt.«
»Die Forderungen von Milieudefensie werden die Energiewende nicht voranbringen«, erwiderte Shell NOS zufolge. »Wir sind uns einig, dass dringende Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels erforderlich sind. Shell spielt eine wichtige Rolle bei der Energiewende, indem es die Energie liefert, die jetzt benötigt wird, und gleichzeitig dazu beiträgt, das Energiesystem der Zukunft aufzubauen. Mit einem Betrag von 6,5 Milliarden Euro sind wir einer der größten privaten Investoren in der niederländischen Energiewende.« Ein glattgebügelter Werbetext, die Realität sieht wohl anders aus. »Hört dem CEO Wael Sawan zu, der sagt, dass das Unternehmen sich vor allem an Rentabilität orientiert und nicht an Nachhaltigkeit«, empfiehlt van Oosterhout. »Letzteres wird erst wieder passieren, wenn die Erträge von Sonne und Wind so hoch sind wie die der fossilen Brennstoffe.«
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