Systemsprenger
Von Arnold Schölzel
Die USA begleiteten die NATO-Osterweiterung mit der Zerstörung des Systems internationaler Sicherheit. Sie kündigten bis auf einen alle Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge mit der Sowjetunion beziehungsweise Russland und stellten neue Raketensysteme unweit der russischen Grenzen in Polen und Rumänien auf. Vorläufiger Höhepunkt der jahrzehntelangen Militärexpansion ist neben dem NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine die ab 2016 geplante Stationierung »weitreichender Waffensysteme in Deutschland«, die in einer dürren Erklärung am 10. Juli 2024 in Washington beim NATO-Gipfel angekündigt wurde. Erstmals seit Inkrafttreten des INF-Vertrages von 1987, der eine Kategorie von Mittelstreckenraketen verbot, aber 2019 von Donald Trump gekündigt wurde, wären damit Ziele auf russischem Territorium von Deutschland aus erreichbar. Es wird damit zur Zielscheibe russischer Schläge.
Ebenfalls am Rande des NATO-Gipfels unterzeichneten die Verteidigungsminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Polens eine Absichtserklärung für ein gemeinsames Mittelstreckenraketenprogramm. Das sei, wurde der Verteidigungsausschuss des Bundestages am 19. Juli 2024 informiert, eine »komplementäre Initiative« zur Stationierung der US-Raketen. Dem folgte am 24. Juli 2024 eine deutsch-britische Ankündigung, gemeinsam Langstreckenraketen zu entwickeln. Da war die Labour-Regierung zwei Wochen im Amt. Am 23. Oktober wurde das in der »Trinity-Haus-Vereinbarung« zum Vertrag sowie u. a.: Rheinmetall baut mit an einem neuen britischen Werk für Artillerierohre, deutsche U-Bootjagdflugzeuge werden in Schottland stationiert. Am Donnerstag meldeten nun Pistorius und sein Londoner Amtskollege John Healey Vollzug: Mehr als 2.000 Kilometer soll die gemeinsame Rakete fliegen können.
Das ist einen Tag nach der Merz-Festlegung, die Bundeswehr werde »konventionell stärkste Armee in Europa«, eine Klarstellung: Die Reste des internationalen Sicherheitssystems sollen so schnell wie möglich gesprengt werden. China und Russland sehen das jedenfalls so, wie aus ihrer gemeinsamen Erklärung zur globalen Stabilität vom 8. Mai hervorgeht: Die Stationierung von bodengestützten Raketen »mit kurzer Flugzeit zu einer Vielzahl von Zielen auf dem Territorium anderer Kernwaffenstaaten« sowie die beschleunigte Entwicklung von Langstreckenraketensystemen betrachten sie als »provokative Aktionen«, die »die globale Sicherheit untergraben«.
Das ist selbstverständlich eine falsche Sicht. Leute wie Pistorius und Healey schießen stets nur zurück.
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