Mehr Waffen, mehr Profit
Von Philip Tassev
»Trump befiehl, wir folgen.« Der neue BRD-Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat öffentlich der US-Forderung zugestimmt, die Rüstungsausgaben der NATO-Mitgliedstaaten auf jeweils fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) anzuheben. US-Präsident Donald Trump halte die fünf Prozent für notwendig, sagte Wadephul am Donnerstag am Rande eines Treffens der NATO-Außenminister im türkischen Antalya. »Und wir folgen ihm da.« Er machte aber deutlich, dass vereinbart werden könnte, direkte Militärausgaben in Höhe von 3,5 Prozent des BIP als »ausreichend« zu betrachten, sofern gleichzeitig noch 1,5 Prozent für militärisch nutzbare Infrastruktur ausgegeben würden, wie es NATO-Generalsekretär Mark Rutte vergangene Woche vorgeschlagen hatte.
Ob nun 3,5 oder fünf Prozent – die Spekulanten freut’s: Die Äußerungen Wadephuls sorgten für eine erneute Kursexplosion an der Frankfurter Börse. Der Aktienkurs des Rheinmetall-Konzerns legte am Donnerstag mehr als fünf Prozent zu, Hensoldt sechs Prozent und Renk 3,5 Prozent. Auch die Kurse anderer europäischer Waffenschmieden stiegen: Leonardo (Italien) plus vier, Thales (Frankreich) plus drei, BAE Systems (Großbritannien) plus zwei Prozent.
Das ist nicht verwunderlich, geht es doch – mal wieder – um gewaltige Summen, die da an die Rüstungskonzerne weitergereicht werden sollen. Derzeit gibt die NATO jährliche Militärausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des BIP vor. Je nach Statistik liegen die deutschen Rüstungsausgaben knapp unter oder über dieser Marke. Jeder zusätzliche Prozentpunkt bedeute nach jüngsten Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) 45 Milliarden Euro mehr. Nach dieser Rechnung müssten bei fünf Prozent 225 Milliarden Euro für den Wehretat bereitgestellt werden.
Als erste hatte übrigens AfD-Chefin Alice Weidel die Fünfprozentmarke in die deutsche Debatte eingeführt, als sie im Januar dem ZDF sagte, sie halte es für »sehr wahrscheinlich«, dass sogar mehr als fünf Prozent erforderlich seien, wenn man es »wirklich ernst« meine mit der »Landesverteidigung« und »der Ertüchtigung der Bundeswehr«.
Unterstützung für Wadephul kam am Donnerstag auch aus Bayern. Bei einem Treffen mit der in dem Bundesland stark vertretenen Rüstungsindustrie sagte CSU-Chef Markus Söder, er gehe davon aus, dass die NATO bei 3,5 Prozent landen werde, da ja auch die USA keine fünf Prozent investierten. Eine »Ergänzung auf bis zu fünf Prozent des BIP« wollte der bayerische Ministerpräsident trotzdem nicht ausschließen. Söder lobte zudem die neue Bundesregierung, die jüngst die gesetzliche Grundlage geschaffen habe, um eine ausreichende finanzielle Ausgestaltung zu ermöglichen. »›No limit‹ heißt es künftig für Sicherheit und die Bundeswehr«, freute er sich. Alles, was gebraucht werde, könne angeschafft werden.
Gebraucht werden offenbar auch neue Langstreckenraketen. Die britische Regierung teilte am Donnerstag mit, dass die BRD und Großbritannien gemeinsam eine neue »Präzisionswaffe« mit einer Reichweite von mehr als 2.000 Kilometern entwickeln werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und sein britischer Amtskollege John Healey stellten das Projekt, das auf dem im vergangenen Jahr unterzeichneten deutsch-britischen »Trinity House«-Militärpakt beruht, am Donnerstag bei einem Treffen in Berlin vor.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (16. Mai 2025 um 09:23 Uhr)Deutschland und andere Länder haben über Jahre hinweg nicht einmal die bisher lediglich empfohlene Zwei-Prozent-Marke der NATO erreicht – und das in Zeiten wirtschaftlicher Stärke und Exportrekorde. Nun aber soll plötzlich eine massive Aufstockung auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts zur Pflicht werden. Und wieder einmal findet sich ein deutscher Außenminister, der vorbehaltlos allem zustimmt, was von der NATO – und insbesondere den USA – gefordert wird. Was dabei unter den Tisch fällt: Es geht hier nicht in erster Linie um Sicherheit oder Landesverteidigung, sondern um die Stützung der US-Wirtschaft durch militärische Aufrüstung. Überteuerte und oft wenig nützliche Rüstungsgüter werden produziert, um künstlich Nachfrage nach dem US-Dollar zu schaffen – ein Mechanismus, der das globale Dollarprivileg und damit das amerikanische Finanzsystem am Laufen hält. Die USA, einst ein enger Freund und Unterstützer Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, scheinen nun aus ihrer eigenen wirtschaftlichen Notlage heraus bereit zu sein, Europa – und insbesondere Deutschland – wieder in eine finanzielle und gesellschaftliche Krise zu stoßen, um sich selbst zu retten. Statt gemeinsamer Sicherheitspolitik erleben wir eine wirtschaftlich motivierte Aufrüstungsspirale, die vor allem den Interessen der USA-Rüstungsindustrie dient – auf Kosten der sozialen Stabilität und der dringend notwendigen Investitionen in andere gesellschaftliche Bereiche.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (15. Mai 2025 um 19:54 Uhr)Der Wahnsinn dieser Rüstungspläne erschließt sich bereits, wenn man die angestrebten 225 Milliarden für die Rüstung mit den 500 Milliarden des Bundeshaushalts vergleicht, aus denen sie bezahlt werden müssten. Ganz unverblümt heißt das: »Bürger schnallt den Gürtel enger, wir wollen in den Krieg!« Ob das Volk das wirklich mit sich machen lassen wird? Beides, aufs Notwendigste zu verzichten, um sich im Krieg sinnlos verheizen lassen zu dürfen? Deutscher Michel, aufwachen!
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