Charakterautor
Von Felix Bartels
Kein Name, bei dem es sogleich klingelte. Robert Bentons Filme aber, die kannte jeder. Und dann erinnerte man sich natürlich doch noch, wie er und sein »Kramer vs. Kramer« 1980 den Grand Slam bei den Oscars holten, in sämtlichen Hauptkategorien, heißt das, abräumten: Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch, Bester Darsteller (leading), Beste Darstellerin (supporting). Nun ist Benton gestorben. Marisa Forzano, seine langjährige Managerin und Assistentin, bestätigte laut New York Times den Tod des Regisseurs und Drehbuchautors. Demnach starb er bereits am Sonntag in seiner Wohnung in Manhattan. Er wurde 92 Jahre alt.
Aufgewachsen in Texas, zog Robert Benton nach New York, wo er an der Columbia studierte. Ursprünglich wollte er Maler werden. Anfang der sechziger Jahre war er für das New Yorker Magazin Esquire tätig, gemeinsam mit seinem dortigen Kollegen David Newman schrieb er an einem Drehbuch. Die Story wurde 1967 von Arthur Penn als Kinofilm inszeniert und sollte in die Geschichte eingehen: »Bonnie and Clyde«. Regelrecht ikonographisch befördert die True-Crime-Story den uramerikanischen Geist, der schon selbst zu wissen meint, was gut, wahr und richtig ist, der keines Gesetzes bedarf und es folglich übergeht. Ein Monument des Antietatismus, nur dass der sich damals noch auf dem vergleichsweise gemütlichen Feld des Verbrechens ausagierte. Heute regiert er die USA.
Mit »Bonnie and Clyde« rutscht Benton ins Filmgeschäft, übernimmt seit Beginn der Siebziger Regiearbeiten, nachdem er 1972 als Drehbuchautor für Peter Bogdanovichs Screwballkomödie »What’s up, Doc?« fungierte. Das Profil zeichnet sich bald ab. Benton meidet Genrefilme, Klamauk, Action, Science Fiction. Sein Fach wird das Charakterdrama. Auf den Western »Bad Company« (1972) und die Komödie »The Late Show« (1976) folgt sein größter Wurf: »Kramer vs. Kramer« (1979), eine für damalige Verhältnisse beachtlich progressive Story, die allerdings Kind ihrer Zeit bleibt. Die Geschichte des Vaters, der sich zum vollen Elternteil emanzipiert, wird erkauft mit dem Setting der egoistischen Mutter, die Vater und Sohn im Stich lässt. Groß ist das Drama vor Gericht, eine moderne Variante des Kaukasischen Kreidekreises: Prägung wiegt mehr als Natur.
Benton lässt sich Zeit mit seinen Projekten, dafür scheitert er fast nie. Für »Places in the Heart« (1984) erhält er seinen zweiten Screenplay-Oscar, für »Billy Bathgate« (1991) arbeitet er mit Tom Stoppard. In »Nobody’s Fool« (1994), auch hier ist er Autor und Regisseur, legt er eine charmante Charakterkomödie vor, die gerade in ihrer Bescheidenheit groß ist. 2003 inszeniert er »The Human Stain« nach einer Vorlage von Philip Roth.
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