Von der Leyens Pfizer-Gate
Von Jens Walter
Es ist eine Pleite für Ursula von der Leyen. Die EU-Kommissionspräsidentin hat nach einem Beschluss des zuständigen EU-Gerichts einer Journalistin der New York Times (NYT) zu Unrecht den Zugang zu SMS-Nachrichten mit dem Chef des US-Pharmariesens Pfizer, Albert Bourla, verweigert, berichtete dpa am Mittwoch.
Dabei handelt es sich um Nachrichten, die von der Leyen mit Bourla zwischen Januar 2021 und Mai 2022 ausgetauscht haben soll. Also während der Hochphase der Coronakrise. Die NYT-Journalistin hatte zur Impfstoffbeschaffung der EU recherchiert, forderte bei der Brüsseler Behörde die Inhalte der Chats an. Ihr Verdacht: Von der Leyen habe Impfstoffe beim Hauptlieferanten Pfizer außerhalb des üblichen Bestellverfahrens geordert. Vor allem überteuert und in zu großen Mengen. Die Kommission von der Leyens hatte behauptet, die Textnachrichten seien nicht archiviert, sondern gelöscht worden – und von daher nicht mehr vorhanden.
Die Richter in Luxemburg überzeugte das nicht. Das Gericht verwies auf die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten. Grundsätzlich sollten alle Dokumente der EU-Organe öffentlich zugänglich sein, erklärten die Richter. Ferner müsse die EU-Kommission plausible Erklärungen abgeben, warum diese Dokumente nicht auffindbar seien. Sie habe aber nicht genau beschrieben, wie oder wo sie danach gesucht habe. Auch sei nicht klar, ob die Nachrichten gelöscht worden seien, und ob das freiwillig oder automatisch passiert sei, oder das Handy inzwischen ausgetauscht wurde. Zudem sei nicht schlüssig erklärt, warum die Kommission die Chats nicht wichtig genug fand, um sie aufzubewahren.
Wie reagierte die EU-Kommission? Gelassen. Das Urteil werde man genau unter die Lupe nehmen, hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung. Erst dann würde über die nächsten Schritte entschieden. Auch im Kontext einer möglichen Revision vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
»Das Versteckspiel auf von der Leyens Handy muss ein Ende haben«, sagte hingegen der »grüne« Europaparlamentarier Daniel Freund am Mittwoch. Und die NYT sprach von »einem Sieg für Transparenz und Rechenschaft in der EU«. Das Urteil sende »ein mächtiges Signal«, dass auch flüchtige Textnachrichten der Kontrolle der Öffentlichkeit unterliegen müssten.
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