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Aus: Ausgabe vom 13.05.2025, Seite 7 / Ausland
Burkina Faso

Triumph für Traoré

Burkina Faso: Interimsstaatschef nimmt als Ehrengast an Feierlichkeiten in Moskau teil
Von Bernard Schmid
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Hoffnungsträger eines geschundenen Landes: Ibrahim Traoré in Moskau, 10.5.2025

Oft ist er für sein beinahe jugendliches Alter angegriffen worden: Mit 34 Jahren wurde Ibrahim Traoré, bis dato Hauptmann der Armee und Mitglied der Anti-Terror-Spezialeinheit »Cobra«, im Oktober 2022 in Burkina Faso jüngster Staatspräsident der Welt. In einer Region, in der der »Respekt vor den Älteren« kulturell tief verankert ist, bietet dies Angriffsfläche. Zahlreiche Karikaturen aus dem Lager seiner Gegner, Kritiker und Neider zeigten ihn mit kindlichen Gesichtszügen.

Nun jedoch könnte Traoré könnte über einen definitiven, ja protzigen Autoritätsbeweis verfügen: Um an der Militärparade zum achtzigsten Jahrestag des Siegs im Zweiten Weltkrieg in Moskau am Freitag teilzunehmen, wurde er von den Behörden der Russischen Föderation an Bord eines Großraumflugzeugs vom Typ Iljuschin II-96 eingeflogen, das von vier Kampfflugzeugen der Marke ­Su-57 begleitet war. Auf dem Rückflug am Sonntag konnte er einen Flieger der Marke Iljuschin II-80 nutzen, gebaut in der Sowjetunion 1985. Der Flieger ist auch unter dem Spitznamen »Apokalypse« bekannt, da er in eine fliegende »Festung« mit Spezialpanzerung verwandelt werden kann, die angeblich auch gegen radioaktive Strahlung schützt. Diesen begleiteten sieben Su-57-Kampfflugzeuge. So berichteten es mehrere westafrikanische Nachrichtenforen, die den Staatsführungen des Dreibunds »Allianz der Sahelstaaten« (AES), 2023 aus Mali, Burkina Faso und Niger gebildet, wohlgesonnen sind, am Wochenende. Auch auf Youtube finden sich mittlerweile Aufnahmen von den Flügen.

Keinem afrikanischen Staatschef ist bislang eine solche demonstrative Vorzugsbehandlung zuteil geworden. Ein Treffen zwischen Traoré mit dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin am Sonnabend wurde durch das Onlinemedium Sputnik Afrika übertragen. Dabei erklärte Traoré: »Wir glauben, dass der Terrorismus, den wir heute erleben, seinen Ursprung im Imperialismus hat.« Vor allem aber unterstrich er, dass er eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung und Technologietransfer mit Russland wünsche. Kurz vor dem Gespräch der beiden Staatschefs hatte Traoré auch afrikanischen Studenten in Moskau besucht. Dabei forderte er, diese sollten sich in Russland und anderen Aufnahmeländern mit Hochschulen bilden und ihre erworbenen Kompetenzen in ihre Heimatländer zurückbringen. Putin wies seinerseits auf die Bereiche Wirtschaft, humanitäre Hilfe und Gesundheit als Felder zukünftiger Kooperation hin. Außerdem sei die Zahl der Universitätsstipendien verdoppelt worden.

Seit einem Militärputsch im September 2022 wehrt sich die neue burkinische Führung gegen alte Abhängigkeiten von Ländern des Westens wie der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Statt dessen sucht sie neue Bündnispartner. Sie vertrieb, sehr zum Unwillen dieser, französische Truppen und westliches Kapital aus dem Land und löste damit eine regionale Dynamik aus. Auch knüpfte sie engere Beziehungen mit Russland, Kuba und Venezuela. So setzt Ouagadougou auf russische Unterstützung bei der Errichtung eines Atomkraftwerks. Ein bilaterales Memorandum dazu ist bereits 2023 unterzeichnet worden. Weiter will Traoré in Anlehnung an Thomas Sankara das Land unabhängig machen, die Bergbauindustrie verstaatlichen und die eigene landwirtschaftliche Produktion ankurbeln.

Gleichzeitig kämpft das Land mit islamistischen Gruppen, die seit 2016 vom Nachbarstaat Mali aus in das Land vorgedrungen und seither im Norden und Osten aktiv sind. Nach wie vor toben heftige Kämpfe. Erst am Sonntag attackierten islamistische Banden die Städte Djibo und Sollé im Norden, Sabcé im nördlichen Zentrum sowie Yondé im Osten des Landes. Die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf unterdessen am Montag der Armee vor, im Zuge des Kampfes gegen die Islamisten Massaker an Angehörigen der Peul-Bevölkerungsgruppe verübt zu haben. Islamistische Milizen haben aus der Bevölkerungsgruppe viele Mitglieder rekrutiert.

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