Klingbeils neue Kopiloten
Von Kristian Stemmler
Personelle Neuaufstellung bei der SPD: Nachdem die Vorsitzende Saskia Esken am Sonntag abend in der ARD erklärt hatte, beim Parteitag Ende Juni nicht mehr für das Amt antreten zu wollen, warf Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas ihren Hut in den Ring. Am Montag vormittag erklärte Bas bei einer Pressekonferenz in der Berliner Parteizentrale, sie wolle beim Parteitag für Eskens Nachfolge kandidieren. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil begrüßte diesen Schritt. Bas sei eine »starke Ministerin, starke Nordrhein-Westfälin und starke Frau«, er freue sich auf die Zusammenarbeit, so Klingbeil. Esken dankte er für »intensive Jahre«: »Wir haben die SPD zusammen durch Höhen und Tiefen geführt.«
Es sei ihr »nicht ganz leicht gefallen«, kommentierte Bas ihre Entscheidung für die Kandidatur. Die bisherige Bundestagspräsidentin und neue Sozialministerin verwies auf die niedrigen Umfragewerte ihrer Partei und das schlechte Abschneiden bei der Bundestagswahl. Die Führung der SPD stehe in dieser Situation vor einer historischen Aufgabe. Als Parteivorsitzende würde sie vier Themen ins Zentrum ihrer Arbeit stellen: soziale Sicherheit, Bildungsgerechtigkeit, eine moderne, vielfältige Gesellschaft sowie »Kampf um die Demokratie«.
Esken, die in den Wochen seit der Wahl parteiintern unter Druck geraten war, hatte am Sonntag abend in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin« erklärt, dass sie beim SPD-Parteitag nicht mehr für das Amt antreten wolle. Sie habe diese Entscheidung getroffen, um Platz für Erneuerung zu schaffen. Ihr Bundestagsmandat wolle sie aber behalten. Esken ist seit 2019 SPD-Chefin, seit 2021 führt sie die Partei zusammen mit Lars Klingbeil. Obwohl er für den Bundestagswahlkampf maßgeblich verantwortlich gewesen sein dürfte, ist der Rüstungslobbyist aus dem rechten Parteiflügel seit knapp einer Woche Vizekanzler und Finanzminister in der neuen CDU-geführten Bundesregierung.
So manche SPD-Funktionäre zollten Esken Respekt für ihre Entscheidung, übten auch Kritik am parteiinternen Umgang mit ihr. »Der Versuch, sie zum Sündenbock für unser miserables Wahlergebnis zu machen, war kein Ruhmesblatt und entsprach weder im Inhalt noch im Stil der Debatte den Grundwerten der SPD«, erklärte der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner gegenüber dem Handelsblatt (Onlineausgabe vom Sonntag). Juso-Chef Philipp Türmer schwärmte gegenüber der Zeitung, Esken beweise mit ihrer Entscheidung »eine Größe und ein Verantwortungsbewusstsein, das ich mir von manchen ihrer Kritiker in den letzten Wochen gewünscht hätte«.
Eine andere Personalie wurde derweil im Willy-Brand-Haus final geklärt. Dort hat das SPD-Präsidium am Montag einstimmig den Bundestagsabgeordneten Tim Klüssendorf zum neuen Generalsekretär der Partei gekürt. Der gelernte Volks- und Betriebswirt aus Lübeck soll das Amt von Matthias Miersch übernehmen, der inzwischen zum SPD-Fraktionschef gewählt wurde. Esken zufolge wird Klüssendorf das Amt sofort kommissarisch übernehmen. Der 33jährige sitzt für den Wahlkreis 11 seit 2021 im Bundestag. Im Februar holte er in der Hansestadt erneut das Direktmandat.
Klüssendorf ist einer der Sprecher der »Parlamentarischen Linken« in der Bundestagsfraktion, einem Zusammenschluss der »linken« SPD-Abgeordneten. Auch seine Vorgänger im Amt des Generalsekretärs, Miersch und Kevin Kühnert, gehören zu dieser Gruppierung. Bei der Pressekonferenz erklärte der designierte Generalsekretär, die SPD müsse angesichts des Wahlergebnisses Demut zeigen, könne aber auch selbstbewusst sein. Als Aufgabengebiete benannte er unter anderem Verteilungsfragen, aber auch die Reform der sozialen Sicherungssysteme. Es gehe darum, das »progressive Profil« der SPD zu schärfen, ohne in Konflikt mit dem Koalitionspartner zu geraten, wie das während der »Ampelregierung« geschehen sei.
Bärbel Bas bemühte sich unterdessen weiter, ihren Ruf als »moderate Parteilinke« zu bestätigen. In der Debatte um eine wöchentliche Höchstarbeitszeit, die laut Koalitionsvertrag den Achtstundentag ablösen soll, zeigte sich die Arbeitsministerin skeptisch. »Bevor wir da ein Gesetz machen, werden wir uns mit den Sozialpartnern austauschen«, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Montag. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit sei nicht die Idee der SPD gewesen, machte Bas deutlich. Sie verwies auf eine andere Passage im Koalitionsvertrag, wonach niemand gegen seinen Willen zu längerer Arbeitszeit gezwungen werden könne und der Arbeitsschutz gewahrt werde.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (12. Mai 2025 um 21:42 Uhr)Hat der Klingbeil kein Windows? Da ist der Copilot schon drin! Dümmer ist der bestimmt auch nicht.
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