Poker um Kiew
Von Jörg Tiedjen
Der Vorschlag des russischen Präsidenten Wladimir Putin, am Donnerstag in Istanbul mit seinem ukrainischen Gegenüber Wolodimir Selenskij in direkte Friedensverhandlungen einzutreten, hat die westlichen Staaten erneut auseinandergebracht. Am Montag kamen die Außenressortchefs der sogenannten Weimar-plus-Gruppe aus Großbritannien, der EU, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Polen in London zusammen, um ihr Vorgehen zu beraten. Im Vorfeld hatten Teilnehmer wie der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) oder die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bereits ihre Vorbehalte gegenüber dem Angebot Putins wiederholt.
»Deutschland erwartet von Russland jetzt einen Waffenstillstand und dann die Bereitschaft zu Verhandlungen«, sagte Wadephul laut Reuters vor Beginn des Treffens. Auch Kallas machte eine Feuerpause zur Vorbedingung von Verhandlungen mit Moskau: »Um überhaupt Friedensgespräche beginnen zu können, muss es einen Waffenstillstand geben, und wir müssen auch sehen, dass Russland dies will – dass es guten Willen zeigt, dass es sich mit der Ukraine zusammensetzt.« Die estnische Politikerin streitet Putin laut Politico jedoch jegliche Friedensbereitschaft grundsätzlich ab: »Es ist bereits mehr als zwei Monate her, dass die Ukraine einem bedingungslosen Waffenstillstand zugestimmt hat. Russland hat nur Spielchen gespielt. Ich denke, es spielt auch jetzt wieder Spielchen.«
Kiew hatte zuletzt vorgeschlagen, eine von Putin für die Zeit des Weltkriegsgedenkens angeordnete Feuerpause auf 30 Tage zu verlängern. Das war von der russischen Seite abgelehnt worden. Moskau befürchtet, dass Kiew eine Waffenruhe nutzen könnte, um sich militärisch neu aufzustellen. Es besteht darauf, dass vorher grundsätzliche Fragen geklärt werden: Wie steht es um die künftige politische Ausrichtung der Ukraine? US-Präsident Donald Trump hatte Selenskij am Sonntag aufgefordert, das russische Angebot »unverzüglich« und bedingungslos anzunehmen. Es gibt also eine gute und eine schlechte Nachricht: Die eine ist der Zwist im westlichen Block – die andere, dass die europäischen Unterstützer Kiews noch immer nicht zu einem Einlenken bereit sind. Selenskij zumindest kündigte auf X an: »Ich werde am Donnerstag auf Putin in der Türkei warten, persönlich.«
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Gleb Garanich/REUTERS12.05.2025
Alle reden vom Reden
- IMAGO/SNA10.05.2025
Ungestört in Moskau
- Alexander Zemlianichenko/Pool via REUTERS08.05.2025
Antiwestliche Allianz
Mehr aus: Ausland
-
BRD bleibt Komplize
vom 13.05.2025 -
Londons Waffenhilfe vor Gericht
vom 13.05.2025 -
Triumph für Traoré
vom 13.05.2025 -
Weniger Gewalt mit Sheinbaum
vom 13.05.2025