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Aus: Ausgabe vom 13.05.2025, Seite 1 / Kapital & Arbeit
Zollkrieg

Einigung zwischen Beijing und Washington

Die USA und China senken die gegenseitigen Importzölle und schließen weitere Erhöhungen vorerst aus
Von David Maiwald
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Nennt man es einen Zollkrieg, dann gab es einen Rückzug mit vorläufiger Waffenruhe: Die USA und die Volksrepublik China haben sich in gemeinsamen Gesprächen auf Zollsenkungen und vorerst keine weiteren Erhöhungen verständigt. Wie aus einer gemeinsamen Erklärung am Montag hervorging, werden beide Länder die Zölle auf Importe des anderen Landes ab dem 14. Mai um jeweils 115 Prozentpunkte reduzieren und weitere Aufschläge auf eingeführte Waren für mindestens 90 Tage ausschließen. US-Präsident Donald Trump hatte die Einigung zuvor als »vollständigen Neustart« bezeichnet.

Der chinesische Vizeministerpräsident He Lifeng erklärte im Anschluss der Verhandlungen, die Handelsbeziehungen zwischen der Volksrepublik und den USA würden »unvermeidlich auch von Differenzen und Reibungen geprägt«. Auf der Basis »gegenseitigen Respekts, friedlichen Miteinanders und einer ›Win-Win‹-Zusammenarbeit« würden sich aber auch künftig Lösungen erarbeiten lassen. US-Finanzminister Scott Bessent erklärte, keine Seite sei an einer Entkoppelung der Volkswirtschaften voneinander interessiert. Auch der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer hatte an den Verhandlungen teilgenommen.

Der Erklärung zufolge haben beide Seiten zudem einen »Mechanismus zur Fortsetzung der Gespräche über Wirtschafts- und Handelsbeziehungen« vereinbart. Diese Verhandlungen könnten etwa abwechselnd in China und den USA oder auch in einem Drittland stattfinden, hieß es dazu. Mit der Einigung verbleiben die Zölle der USA auf importierte Waren aus China bei vorerst 30 Prozent (zuvor 145 Prozent). Die Volksrepublik verzollt Einfuhren aus den USA der Einigung nach vorerst mit Aufschlägen von zehn Prozent (nach zuletzt 125 Prozent).

Vor dem Treffen der Staatengemeinschaft Lateinamerikas und der Karibik (CELAC), kommende Woche in Beijing hat der stellvertretende chinesische Außenminister Miao Deyu diese zu mehr Kooperation und Handel eingeladen. Laut dpa-Meldung am Sonnabend erklärte Miao, der »übergroße Markt« der Volksrepublik biete mehr Möglichkeiten für Produkte der Länder Lateinamerikas.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (13. Mai 2025 um 11:10 Uhr)
    So wie niemand einen Krieg gegen die USA militärisch gewinnen kann, lässt sich ebenso kein Handelskrieg gegen China gewinnen. Zwischen den beiden Wirtschaftsmächten besteht jedoch ein fundamentaler Unterschied: Die wirtschaftliche Stärke der Vereinigten Staaten beruht in hohem Maße auf digitalen Hightechkonzernen, deren Börsenbewertungen oft spekulativ überhöht erscheinen, sowie auf dem militärisch-industriellen Komplex. Chinas Wirtschaftskraft hingegen stützt sich auf einen breit diversifizierten, leistungsfähigen produzierenden Sektor – von Maschinenbau und Chemie bis hin zur Hochtechnologie. Ein aktuelles Beispiel für strukturelle Schwächen der US-Wirtschaft zeigt sich darin, dass die US-Marine aufgrund mangelnder Instandhaltungskapazitäten im eigenen Land erwägt, Kriegsschiffe in Südkorea warten zu lassen. Dieses Vorhaben wirft sicherheitspolitische Fragen auf – etwa in Bezug auf Technologietransfer und Spionagegefahr. Solche Entwicklungen verdeutlichen, warum Präsident Donald Trump die Reindustrialisierung der Vereinigten Staaten fordern: Eine dauerhaft strategische Souveränität lässt sich nicht allein auf Dienstleistungen, Finanzsektor und digitale Geschäftsmodelle stützen. Ein entscheidender Faktor für die zukünftige wirtschaftliche Machtverteilung wird sein, ob China und die BRICS-Staaten in der Lage sind, eine internationale Leitwährung zu etablieren, die dem US-Dollar gleichwertig ist. Sollte das privilegierte Finanzsystem rund um den Dollar ins Wanken geraten, kämen die Vereinigten Staaten in ernsthafte Schwierigkeiten – insbesondere angesichts ihrer extrem hohen Staatsverschuldung. Schon heute gibt die US-Regierung mehr für den Schuldendienst, die über 800 Mrd. USD liegt, aus als für ihre ohnehin gigantischen Militärausgaben – ein Betrag, der mehr ist als dem gesamten Bruttoinlandsprodukt eines Landes wie Belgien (ca. 660 Mrd. USD) entspricht.

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