Verfolgte des Tages: Polizeibeamte
Von Felix Bartels
Du musst die Gewalt nicht suchen, sie findet dich. Jeder Klick auf X bringt ein weiteres Video, in dem Polizisten gegenüber Demonstranten, sagen wir mal: beherzt zur Tat schreiten. Man mag vom seltsamen Brauch, den öffentlichen Raum akustisch und visuell mit seinen Ideen zu füllen, halten, was man will – der Unterschied zwischen Geschrei im Galopp auf der einen und schikanierender Knüppelei auf der anderen bleibt.
Was auch außerhalb politischer Zusammenhänge stimmt. Vor zwei Wochen, in der Nacht zum Ostersonntag, war in Oldenburg ein Mann von Polizisten erschossen worden, nachdem er in einem Nachtclub randaliert hatte. Der Fall scheint schwer zu klären, die Beamten hatten ihre Bodycams nicht eingeschaltet. Nun ließe sich glauben, dass Beamte, die ihre Einsätze nicht auch noch selbst filmen wollen, Dritten dankbar sind, wenn die das übernehmen. Genau diese Art Service aber erfährt aus Polizeikreisen vermehrt Kritik. So sieht Jochen Kopelke, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, das »Filmen und Veröffentlichen« entsprechender Szenen als Problem, es habe »Ausmaße angenommen, die man nicht mehr tolerieren darf«. Während es also auf der einen Seite um gezielte Gewalt gegen Demonstranten, unbeteiligte Passanten oder Pressevertreter geht, bemüht man auf der anderen Seite die Persönlichkeitsrechte: »Polizistinnen und Polizisten haben das Recht am eigenen Bild. Sie dürfen nicht ohne ihre Zustimmung erkennbar veröffentlicht werden«, sagt Kopelke. Das könne Folgen haben, von gezielten Beleidigungen, Hass im Netz bis hin zu Bedrohungen im persönlichen Umfeld. Tatsächliche Gewalt also soll nicht gefilmt werden, um mögliche Gewalt zu verhindern.
Als Georg Kreisler sang: »Schützen wir die Polizei«, war das noch lustig. Im Zeitalter der Wirklichkeit gewordenen Ironie lacht keiner mehr.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (11. Mai 2025 um 23:39 Uhr)Ob Polizistinnen und Polizisten wissen, wie sie von ihren Arbeitgebern gefilmt werden? Wahrscheinlich nicht, sonst täten sie einen anderen Job machen – trotz Ruhegehalt von 3.240 Euro (www.jungewelt.de/artikel/499795.rentenversicherung-und-altersarmut-hickhack-um-altersvorsorge.html)
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vom 12.05.2025