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Aus: Ausgabe vom 12.05.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Handelskrieg

Warenumschlag in der »Grauzone«

Bericht will Warenumleitung über südostasiatische Staaten aufdecken. USA machen Druck, um Zollpolitik durchzusetzen
Von Jörg Kronauer
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Genug Kapazitäten vorhanden: Containerumschlagplatz in Haiphong, Vietnams wichtigster Hafenstadt (16.4.2025)

»Die USA haben Zölle auf chinesische Produkte verhängt? Leite sie über Malaysia um, um sie in südostasiatische Güter umzuwandeln!« So lautet Recherchen der Financial Times zufolge einer von zahlreichen ähnlichen Posts, die zur Zeit in sozialen Medien in China kursieren. Sie richten sich an überwiegend kleinere Exportfirmen, die bisher den US-Markt bedient haben und nun aufgrund der beispiellosen Zölle in Höhe von meist 145 Prozent vor dem Ruin stehen. Die Posts finden, glaubt man der Financial Times, durchaus Anklang.

Die Zeitung beschrieb Anfang vergangener Woche im Detail, wie der Versuch vonstatten geht, die exzessiven US-Zölle zu vermeiden. Demnach transportieren die Exportfirmen ihre Waren etwa in chinesische Häfen, wo sie an eine Logistikfirma übergeben werden. Damit beginnt, was allgemein als »Grauzone« beschrieben wird: Die Logistikfirma versucht die Waren unter Ausnutzung aller legalen und einiger doch eher nicht legaler Mittel in die USA zu schaffen. Die meistgenutzte Methode besteht darin, sie in einen Drittstaat – zumeist in Südostasien – zu transportieren und dort neue Ursprungspapiere zu besorgen, die die Waren nun etwa als vietnamesisches oder als malaysisches Produkt etikettieren. Aktuell sind die exzessiven Zölle, die die US-Regierung am 2. April verhängte, für die Staaten Südostasiens ausgesetzt.

Um welche Produktmengen es bei den Umwegexporten geht, ist naturgemäß nicht ganz klar. Südkorea, das – ganz wie die Staaten Südostasiens – die am 2. April verhängten Zölle aktuell ebenfalls nicht bezahlen muss, spürte im ersten Quartal 2025 mit falschem Ursprungsetikett ausgestattete Waren im Wert von 21 Millionen US-Dollar auf, meist Waren, die aus China kamen und in die USA geliefert werden sollten. Bei einem Monatswert chinesischer Exporte nach Südkorea von zuletzt um die zwölf Milliarden US-Dollar fällt das nicht wirklich ins Gewicht. Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Versuche, Waren per Umetikettierung in die Vereinigten Staaten zu exportieren, im April gestiegen ist, vielleicht sogar stark.

Allerdings gehen inzwischen immer mehr Staaten der Region auf Druck aus den USA gegen derlei Praktiken vor. Südkorea etwa geht ihnen systematisch nach; Vietnam hat Mitte April angekündigt, dies ebenfalls zu tun. Auch Thailand hat im ­April Maßnahmen bekanntgegeben, die ausdrücklich darauf zielen, bei Ausfuhren in die Vereinigten Staaten die Herkunftspapiere besonders penibel zu prüfen. Weitere Länder könnten folgen.

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