Linke hoffen auf Friedenspapst
Von Volker Hermsdorf
Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum Papst Leo XIV. steht ein Mann an der Spitze der katholischen Kirche, der die Hütten der Armen in Peru ebenso kennt wie die Machtzentren der römischen Kurie. Die lateinamerikanische Bevölkerung hofft, dass sich der neue Pontifex für Frieden und die Menschen des globalen Südens engagiert. Auch die politischen Eliten des Kontinents begrüßten seine Wahl übereinstimmend, allerdings mit unterschiedlichen Intentionen.
Während das linke Staatenbündnis Alba-TCP die Nähe des neuen Papstes zu den Positionen seines verstorbenen Vorgängers Franziskus hervorhob, schrieb Argentiniens rechter Staatschef Javier Milei nichtssagend, er hoffe, »dass der neue Heilige Vater in Zeiten der Verwirrung, Zersplitterung und globalen Irrwege Orientierung gibt«. Für dessen Kritik an der Anbetung des »Marktgottes« und der »Profitgöttin« hatte der »Anarchokapitalist mit der Kettensäge« Franziskus einst als Kommunisten und totalen Ignoranten beschimpft. Der Bananenmillionär Daniel Noboa, Mileis Amtskollege aus Ecuador, drückte – ähnlich allgemein – seine Hoffnung aus, dass die »Worte« des neuen Papstes »trösten und in Zeiten der Ungewissheit Millionen leiten«. Progressive Politiker setzen dagegen weniger auf tröstende Worte als auf eine Fortsetzung der franziskanischen Vision einer Kirche, die sich nicht als spirituelle Begleitung der herrschenden Zustände versteht, sondern als Verbündete der Unterdrückten.
»Mögen die Ideale von Frieden, Einheit und Brüderlichkeit stets seine Schritte leiten«, wünschte Guatemalas Präsident Bernardo Arévalo. Konkreter formulierte es Kolumbiens Staatschef Gustavo Petro: »Ich hoffe, dass er eine große Führungspersönlichkeit für Migranten auf der ganzen Welt wird, und ich hoffe, dass er unsere lateinamerikanischen Migrantenbrüder und -schwestern, die derzeit von den USA gedemütigt werden, unterstützt.« Aus Mexiko bekräftigte Präsidentin Claudia Sheinbaum die »humanistische Übereinstimmung zugunsten des Friedens und des weltweiten Wohlstands«, während die Regierung von Nicolás Maduro in einer vom venezolanischen Außenministerium herausgegebenen Erklärung betonte, dass der neue Papst »den Weg der sozialen Gerechtigkeit vertiefen möge«. Caracas wies gleichzeitig auf die globalen Herausforderungen hin, »denen sich die katholische Kirche in einer von Kriegen und dem Wiederaufleben des Faschismus bedrohten Welt« stellen müsse. Die kubanische KP-Zeitung Granma veröffentlichte am Freitag auf der Titelseite Glückwünsche des Präsidenten Miguel Díaz-Canel und seines Vorgängers Raúl Castro zur Wahl des Papstes, in denen beide unterstrichen, Kuba teile dessen »Willen, den Dialog und den Frieden zu fördern«.
Seit Prevost 1985 nach Peru kam, ergriff er immer wieder Partei gegen staatliche Repression, gegen Todeskommandos und das Regime des Diktators Alberto Fujimori. 2015 erhielt er die peruanische Staatsbürgerschaft und wirkte bis zu seiner Berufung zum Kardinal acht Jahre lang als Bischof im Bistum Chiclayo. Während die Bevölkerung dort in verständlichen Jubel ausbrach, wirken die Glückwünsche von De-facto-Präsidentin Dina Boluarte befremdlich. Auch das Vorgehen der durch einen Putsch an die Macht gelangten Politikerin hatte Prevost scharf kritisiert. Ebenso den »humanitären« Freispruch Fujimoris durch den damaligen rechten Präsidenten Pedro Pablo Kuczynski im Jahr 2017.
Ähnlich konsequent verhielt er sich auch innerhalb der Kirche. In seiner Diözese stellte er sich dem ultrakonservativen »Sodalicio de Vida Cristiana« entgegen – einer Organisation aus Laien und Priestern, die über Jahrzehnte hinweg jungen Männern sexualisierte Gewalt angetan und gleichzeitig der bäuerlichen Bevölkerung Tausende Hektar Land geraubt hatte. Während viele Bischöfe wegsahen oder gar mit der reaktionären Clique paktierten, stärkte Prevost den Widerstand der Landbevölkerung. Er dokumentierte die Übergriffe, leitete Berichte weiter nach Rom – und sorgte schließlich mit dafür, dass Papst Franziskus die Organisation eine Woche vor seinem Tod am 14. April endgültig auflöste. Vorwürfe des »Netzwerks von Überlebenden, die von Priestern missbraucht wurden«, er habe Fälle nicht konsequent verfolgt, bestreitet Prevost.
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