»Niemand will eine deutsche Bergbaukolonie werden«
Interview: Roland Zschächner
Sie bitten aktuell um Spenden für eine antiimperialistische Kampagne. Worum geht es Ihnen?
Unsere Kampagne richtet sich zum einen dagegen, dass der Staat im westserbischen Jadartal Land an das britisch-australische Unternehmen Rio Tinto überlässt. Der Konzern will dort für die nächsten 99 Jahre Lithium abbauen dürfen. Dafür soll er nur Abgaben in Höhe von vier Prozent zahlen müssen. Zum anderen protestieren wir gegen die Schenkung des Generalstabsgebäudes in Belgrad an Jared Kushner, Schwiegersohn des US-Präsidenten Donald Trump.
Die Regierung sagt, dass mit dem Lithiumprojekt die Wirtschaft gestärkt würde. Warum sind Sie dagegen?
Die serbische Bevölkerung lehnt den Bau einer Lithiummine bei Loznica entschieden ab. Die Ausbeutung einheimischer Ressourcen durch ausländische oder einheimische private Bergbauunternehmen führt zum Ausverkauf Serbiens, zur Plünderung der natürlichen Reichtümer und zur Umweltverschmutzung – das alles für minimale Einnahmen, während 99 Prozent der Gewinne an Konzerne gehen.
Das Beispiel zeigt auch die Heuchelei des deutschen Staates und der von ihm betriebenen »grünen« Agenda: Serbien wird unter Druck gesetzt, auf »erneuerbare« Energiequellen umzusteigen und seine Energieunabhängigkeit aufzugeben. Dazu ist man bereit, eine ganze Region zu zerstören. Die Menschen in Serbien werden das nicht hinnehmen. Niemand will eine deutsche Bergbaukolonie werden, um der BRD und der EU im Wettlauf mit China bei der Produktion von Lithiumbatterien zu helfen.
Welche Bedeutung hat das Generalstabsgebäude in Belgrad für die serbische Bevölkerung?
Eine große, denn es ist ein Symbol des Widerstands. Durch die Übergabe an ein Unternehmen, das mit Jared Kushner verbunden ist, hat die Regierung das Andenken an die Opfer der NATO-Aggression geschändet. Das Gebäude darf nicht von ausländischen Investoren in ein Luxushotel umgewandelt werden – schon gar nicht von Investoren aus Ländern, die für die damalige Bombardierung verantwortlich waren. Der Generalstab und das dazugehörige Areal müssen Staatsbesitz bleiben und der Öffentlichkeit dienen, nicht dem privaten Profit. Nicht nur die Veteranen und Belgrader, sondern alle Menschen in Serbien wehren sich gegen den Abriss.
In Serbien gibt es derzeit eine Studentenbewegung. Haben Ihre Forderungen darin keinen Platz?
Das Problem bei diesen Protesten ist, dass aufgrund der weitverbreiteten Unzufriedenheit jeder in ihnen nur das sieht, was er sehen will. Die Proteste begannen nach dem Einsturz eines Bahnhofsvordachs in Novi Sad, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. Danach herrschte Unzufriedenheit mit dem Regime. Dieser Moment wurde an den Universitäten und von der bürgerlichen Opposition genutzt. Die Proteste werden in Wahrheit von Professoren angeführt. Sie stimmen weitgehend mit der bürgerlichen Opposition überein, die die derzeitige Regierung dafür kritisiert, dass sie nicht mehr Kapitalismus und eine proeuropäische – volksfeindliche – Politik in Serbien umsetzt. Studenten, die für fortschrittliche Ideen eintreten, werden von der liberalen Opposition als Kollaborateure des Regimes verunglimpft.
Was erhoffen Sie sich von der internationalen Unterstützung für Ihre Kampagne?
Die internationale Kampagne wird zusätzlichen Druck auf die serbische Regierung ausüben, damit sie von ihren volksfeindlichen Maßnahmen ablässt. Wir sind überzeugt, dass das serbische Volk seine Natur- und Kulturgüter gegen den erneuten Ansturm des westlichen Imperialismus verteidigen wird. Wir rufen alle freidenkenden Menschen, alle, die an Gerechtigkeit, Solidarität und Würde glauben, dazu auf, sich diesem Kampf anzuschließen. Nur vereint können wir den Vormarsch des Großkapitals und des Imperialismus stoppen, der uns zu Knechten und austauschbaren Arbeitskräften machen will.
Aleksandar Đenić ist Exekutivsekretär der Neuen Kommunistischen Partei Jugoslawiens (NKPJ). Er hat über die Plattform whydonate.com einen Spendenaufruf für die »antiimperialistische Kampagne in Serbien« gestartet
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