Frag den Verfassungsschutz
Von Henning von Stoltzenberg
Die neue Einordnung der AfD-Bundespartei als »gesichert rechtsextremistisch« basiert dem Vernehmen nach auf einem rund 1.100 Seiten langen, bislang nicht veröffentlichten Gutachten. Die Internetplattform »Frag den Staat« hat nun am Mittwoch einen 17seitigen Auszug des Dokuments publiziert. Es handelt sich demnach um eine Belegliste, in der das BfV 37 öffentlich nachvollziehbare Belege für die »verfassungsfeindliche« Ausrichtung der AfD auf Bundesebene aufführt.
Die Zusammenstellung besteht vor allem aus Aussagen von Mitgliedern des Bundesvorstands wie den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Dazu kommen namentlich nicht gekennzeichnete Online-Postings über die Kanäle des Bundesvorstands in den vergangenen vier Jahren. Das Bundesamt unterteilt die aufgelisteten Aussagen in vier Bereiche. Ein Bereich seien »ethnisch-abstammungsmäßige Aussagen und Positionen«, mit denen die AfD die rechte »Verschwörungserzählung« einer »Umvolkung« vertrete. Dazu fordere sie einen Volksbegriff, bei dem nicht die Staatsangehörigkeit dafür entscheidend sei, ob eine Person deutscher Abstammung sei.
Außerdem bescheinigt der Inlandsgeheimdienst der AfD eine tief verwurzelte »Fremdenfeindlichkeit«, genannt wird zum Beispiel der Slogan »Abschieben schafft Wohnraum«. Die AfD behaupte auch, mit Messern ausgeübte Gewalt, Gruppenvergewaltigungen und Gewalt gegen Frauen seien ein »importiertes« Phänomen aus anderen Kulturkreisen. Aufgeführt wird auch der Umstand, dass die AfD die von der faschistischen »Identitären Bewegung« geprägten Parole nach »Remigration« verbreitet. In der Rubrik »Islamfeindlichkeit« werden Aussprüche aufgeführt, die etwa behaupten, auf Deutschlands Straßen finde ein »Dschihad« gegen die deutsche Bevölkerung statt.
Die vierte Kategorie »Demokratieprinzip« versucht zu belegen, dass der AfD-Bundesvorstand verbreite, die »demokratischen Parteien« seien Verfassungsfeinde, die von anderen Mächten außerhalb Deutschlands gelenkt würden. Deutschland sei demnach »nicht souverän«, und sämtliche Regierungsmitglieder seien »Vasallen Amerikas«, so das BfV. Aufgeführt wird außerdem, dass die AfD die CDU als »Vaterlandsverräter« bezeichne, was ein klassischer rechter Kampfbegriff sei.
Laut »Frag den Staat« ist offen, ob die Struktur des Kurzdossiers auf das gesamte Gutachten über die AfD übertragbar ist, da es sich nur um einige wenige öffentlich zugängliche Belege handele und nicht um mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnene Informationen.
Die Heraufstufung und die Informationen über das Gutachten haben die Debatte um ein AfD-Verbotsverfahren weiter entfacht. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann spricht sich inzwischen dezidiert gegen ein Verbotsverfahren aus. Nötig sei, die Partei inhaltlich zu bekämpfen, da Unzufriedenheit nicht verboten werden könne. Grünen-Chef Felix Banaszak befürwortete in der ARD dagegen ein Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht. Er sei dafür, dass die »demokratische Mitte« dem Verfassungsgericht die Prüfung ermögliche.
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