Aus Leserbriefen an die Redaktion

»Deutsche Erinnerungskultur«
Zu jW vom 5.5.: »Gedenken an Befreiung«
In ihrer Gedenkrede anlässlich des 80. Jahrestages der KZ-Befreiung in Ravensbrück am 4. Mai 2025 betonte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) die deutsche Erinnerungskultur. Zu dieser Kultur gehört offiziell, dass Vertreter Russlands zu den Gedenkfeiern nicht mehr eingeladen werden, seit Russland 2022 die Ukraine überfallen hat. In mehreren Reden wurde zumindest daran erinnert, dass Truppen der Roten Armee die Lagerinsassen des Konzentrationslagers aus den Klauen der Faschisten befreit hatten.
Warum aber war in den Reden kein Wort des Dankes gegenüber den Sowjetsoldaten zu hören, die an der Befreiung beteiligt waren? Es gibt keinen Grund, die Leistungen der sowjetischen Soldaten nicht zu würdigen. Nichts anderes geschieht gegenwärtig. Ich frage, ob der Satz aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, »Die Würde des Menschen ist unantastbar«, nicht auch für die Menschen, die Befreier jener Tage, gelten muss? Als 87jähriger ehemaliger DDR-Bürger habe ich noch immer die Worte im Gedächtnis, die die Erinnerungskultur der DDR geprägt haben: »Dank euch, ihr Sowjetsoldaten.« Die Mehrheit von ihnen lebt nicht mehr.
Werner Riebel, Jena
»Ich sehe schwarz«
Zu jW vom 5.5.: »Gedenken an Befreiung«
Vor 80 Jahren wurde Deutschland vom Hitlerfaschismus befreit, und das durch die Alliierten, darunter auch die ehemalige Sowjetunion – was heutzutage gerne vergessen wird: Dazu gehörten auch Russland und Belarus! Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, daran zu erinnern! Und ich frage mich aber: Warum werden jetzt bei Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag der Befreiung russische und belarussische Vertreter ausgeladen bzw. sollten ausgeladen werden? Soll hier die Geschichte etwa ausgeblendet oder gar neu geschrieben und so das Feindbild Russland wieder aufgebaut werden? Gerade zu diesen Gedenkveranstaltungen wäre es doch gut, diese Vertreter einzuladen, um so eventuell den Gesprächsfaden für Diplomatie wieder aufzunehmen, damit endlich wieder Frieden in Europa einzieht, und da hilft kein Russenhass! Dass der Krieg in der Ukraine von Russland völkerrechtswidrig ist, mag ja so weit ganz richtig sein, aber dennoch sei zu sagen, bei diversen Kriegen sollte man da nicht mit zweierlei Maß messen, ich sag nur: der Krieg im Nahen Osten. Und wenn jetzt Olaf Scholz Russland kritisiert, dann hätte er es auch bei all den Kriegen der USA machen sollen, ansonsten klingt er ziemlich unglaubwürdig. Wir dürfen die Geschichte nicht vergessen, denn nie wieder sollte und darf eine deutsche Armee zu einer Kriegspartei gegenüber Russlands werden, und Deutschland sollte sich als ein Land der Diplomaten und Friedensstifter verstehen, nicht als ein Land der Kriegstreiber und Hetzer, aber zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich dafür schwarz!
René Osselmann, Magdeburg
»Nichts ist alternativlos«
Zu jW vom 5.5.: »Krieg in der Kirche«
Dass in der Kirche der »Friedensengel« nur den Himmel schützt, nicht aber auf Erden, das ist die Wirklichkeit menschlicher Überheblichkeit und menschenverachtend. Ein viel zu hoher Preis, der sich nicht – mit oder ohne Waffen – einfach lösen lässt, das zeigt der Evangelische Kirchentag in Hannover. Es gibt mehr als nur die Farben Schwarz oder Weiß, die Welt ist bunt, hat viel zu verlieren, nichts ist alternativlos.
Thomas Bartsch Hauschild, Hamburg
»›Sozialpartner‹ der Herrschenden«
Zu jW vom 30.4.: »Kein Frieden mit dem Kapital«
Guter Artikel. Das sehe ich auch so. Nach 53jähriger Mitgliedschaft in DGB-Gewerkschaften habe ich die Kündigung eingereicht. Die Hauptamtlichen sind »Sozialpartner« der Herrschenden (und des großen Geldes). Lange hat mich das Argument »drin sein und was verändern« davon abgehalten. Es nutzt nichts. Politische Streiks statt Appellieren, Bitten und Betteln. Meine ehemaligen Mitgliedsbeiträge setzte ich sinnvoller in fortschrittlichen Medien ein. Aufklärung tut not!
Thomas Eilers, Wiesbaden
Gold aus Hirn kratzen
Zu jW vom 22.4.: »Ein Boykottaufruf«
»Bis zu drei Billionen Euro soll das Gesundheitsdatenvermögen von Arztpraxen wert sein«? Nein, nein, nein, dreimal nein! Dieses Vermögen ist in Arztpraxen gelagert, die Praxen besitzen es (noch), EigentümerInnen sind aber die PatientInnen! Die sollen enteignet werden! Vor gut vierzig Jahren habe ich mich mit einem Daimler-Arbeiter über das damals aktuelle Thema »Gruppenarbeit« unterhalten. Sein Fazit: Die wollen uns das Gold aus dem Hirn kratzen. Mit der ePA wird das Gold aus der letzten Körperzelle der PatientIn gekratzt – wenn sie ihr nicht widerspricht.
Heinrich Hopfmüller, Stadum
Gegendarstellung: Grüne Soße
Zu jW vom 3./4.5.: »Grie Soß«
Jahrzehntelang übte ich Gleichmut oder sogar Humor, wenn in der jW-Kochecke drauflosgeschrieben wurde, für Leute, die Essen nicht innig lieben, aber dieses eine Mal möchte ich eine Gegendarstellung sehen. Es reicht doch nun wirklich, dass sogar in Frankfurt am Main Fressbuden mehr Geld verdienen, wenn sie Senf an die Grüne Soße tun. Nur ist es dann wahrhaftig keine Frankfurter Grüne Soße mehr, und der Borretsch geht dann auch unter. Es sind auch keine Zwiebeln dran, weil sonst der Schnittlauch untergeht, und kein Dill, weil sonst der Kerbel untergeht. Und wenn die Verkäufer so gerne Remoulade und Senf und Ketchup und süßen Glühwein und verkohlte Bratwurst verkaufen wollen an das entfremdete und untertänige Volk, dann bitte wenigstens separat. Die jW brauchen wir nicht dafür.
Thomas Geisler, Bedheim
Es reicht wirklich, dass sogar in Frankfurt am Main Fressbuden mehr Geld verdienen, wenn sie Senf an die Grüne Soße tun. Nur ist es dann wahrhaftig keine Frankfurter Grüne Soße mehr, und der Borretsch geht auch unter
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.