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Aus: Ausgabe vom 08.05.2025, Seite 6 / Ausland
Russland

Antiwestliche Allianz

Zum Jahrestag des Triumphs über Nazideutschland: Staatschefs aus Lateinamerika zu Besuch im Kreml
Von Volker Hermsdorf
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Fester Händedruck: Maduro (r.) und Putin wollen Beziehung weiter vertiefen (7.5.2025)

Zum 80. Jahrestag des Sieges über den Faschismus demonstrieren drei lateinamerikanische Präsidenten in Moskau am 9. Mai Verbundenheit mit den Befreiern. Während die USA und die Mehrheit der EU-Länder Russland mit Sanktionen überziehen und eine politische Isolation Moskaus anstreben, setzen Miguel Díaz-Canel (Kuba), Nicolás Maduro (Venezuela) und Luiz Inácio Lula da Silva (Brasilien) mit ihrer Anwesenheit bei den Feierlichkeiten ein Zeichen gegen westliche Dominanz und für eine multipolare Weltordnung. Ihre Teilnahme an der Moskauer Siegesparade an diesem Freitag ist auch ein Ausdruck geostrategischer Selbstbehauptung und der Versuch, die Eigenständigkeit ihrer Länder – gemeinsam mit anderen Staats- und Regierungschefs aus dem globalen Süden – gegen politische Erpressung zu verteidigen.

Für Russland ist die gleichzeitige Präsenz der Präsidenten aus Kuba, Venezuela und Brasilien in Moskau eine willkommene Gelegenheit, sich als starker Partner eines alternativen internationalen Ordnungsmodells zu präsentieren, das auf nationaler Souveränität, multipolarem Dialog und solidarischen Beziehungen auf Augenhöhe basiert. Symbolisch wird das durch Zusammenkünfte des russischen Präsidenten mit seinen Amtskollegen untermauert.

Am Freitag will Wladimir Putin nach Angaben seines Präsidialberaters Juri Uschakow mit Lula im Kreml unter anderem über die russisch-brasilianische Zusammenarbeit im Rahmen der BRICS-Gruppe sowie über den Krieg in der Ukraine sprechen. »Brasilien hat gemeinsam mit China die Initiative zur Gründung einer Gruppe von Freunden des Friedens in der Ukraine ergriffen. Im Rahmen des Treffens werden die brasilianischen Aktivitäten innerhalb dieser Gruppe sowie die allgemeine Lage in der Ukraine besprochen«, so Uschakow. Laut brasilianischen Medien möchte Lula sein Land als möglichen Vermittler zwischen Russland und der Ukraine positionieren. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow hatte derartige Erwartungen allerdings mit dem Hinweis gedämpft, dass ein Wechsel des Vermittlers »derzeit nicht zur Debatte« stehe. Moskau arbeite in dieser Angelegenheit »weiterhin mit der US-Seite zusammen«, zitierte die spanische Agentur Efe aus einer Stellungnahme Peskows.

Bereits für Mittwoch standen separate Treffen von Putin mit Díaz-Canel und Maduro auf der Tagesordnung. Mit letzterem werde ein neues Abkommen über eine strategische Partnerschaft unterzeichnet, kündigte Uschakow gegenüber der Presse an. Dabei gehe es um eine Vertiefung der Zusammenarbeit in nahezu allen Bereichen: von Energie über Technologie bis zur Verteidigung. Bei seiner Ankunft in Moskau erklärte Maduro seine Bewunderung »für die Völker der ehemaligen Sowjetunion, für den immensen Beitrag, den sie der Menschheit geleistet haben«. Europa müsse der Roten Armee »dankbar dafür sein, dass sie den Kontinent vom Nazifaschismus befreit« habe. Dies, so Maduro, habe die Grundlage für das Völkerrecht gelegt und zur Gründung der Vereinten Nationen geführt. Zugleich sagte er, dass der Kampf gegen Faschismus heute in anderer Form fortzusetzen sei – nämlich »gegen die imperialen Kräfte« um die USA und ihre Verbündeten.

Auch Kubas Präsident, der bereits am Freitag in Russland eingetroffen war, nutzt seinen Besuch für den Ausbau der strategischen Zusammenarbeit. Bei einem Zwischenstopp in Sankt Petersburg führte er Gespräche mit Vertretern der Biotechnologieunternehmen Biocad und Geropharm, die bei der Entwicklung von Arzneimitteln zur Therapie von Krebs und Autoimmunerkrankungen sowie von Medikamenten zur Behandlung von Diabetes und Fettleibigkeit führend sind. Ziel ist eine vertiefte Kooperation in der Pharmaindustrie – zur Stärkung von Kubas technologischer Souveränität und als Antwort auf die völkerrechtswidrige US-Blockade, die die Wirtschaft der sozialistischen Inselrepublik seit mehr als sechs Jahrzehnten lähmt. Bei dem Treffen mit Wladimir Putin in Moskau gehe es laut kubanischen Medien vor allem um wirtschaftliche Zusammenarbeit, politische Koordination – und darum, die Zusammenarbeit des globalen Südens gegen die westlich geführte Sanktionspolitik zu intensivieren.

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