Mit Kufiya auf der Anklagebank
Von Ariane Müller, Celle
Solidarität mit Palästina im Gericht: Es geht nicht um eine Hörsaalbesetzung oder eine kriminalisierte Parole, sondern um Daniela Klette. Am Dienstag, dem sechsten Verhandlungstag im Prozess gegen das mutmaßliche Exmitglied der aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF), hat sich die Angeklagte den anwesenden Pressefotografen und Kamerateams mit einer Kufija um die Schultern präsentiert und ein Blatt Papier mit den Worten »Stop Vertreibung Bombardierung Aushungern« hochgehalten. Wie auch in ihrer Stellungnahme am ersten Prozesstermin und in ihrer Grußbotschaft an die »Revolutionäre 1.-Mai-Demo« in Berlin wandte sich die 66jährige damit gegen das Vorgehen des israelischen Militärs in Gaza und im Westjordanland. Laut einer Zeugenaussage soll die Angeklagte zudem ihre RAF-Mitgliedschaft in einem Polizeirevier kundgetan haben.
Im Rahmen der Verhandlung am Dienstag war ein Zielfahnder des Landeskriminalamts Niedersachsen als Zeuge geladen, der Klette am 26. Februar 2024 in Berlin festgenommen hatte. Der Polizeibeamte war beauftragt worden, dem Hinweis eines Capoeira-Meisters nachzugehen, laut dem die gesuchte Klette, alias Claudia Schmidt, in der Kreuzberger Sebastianstraße wohne. Der Zeuge sagte aus, dass es sich für ihn zunächst um eine routinemäßige Überprüfung gehandelt habe.
Erst in der Warteschlange auf der Polizeiwache habe der Beamte geahnt, dass die Frau tatsächlich die gesuchte Klette sei. »Es ärgert mich selber«, sagte der Zielfahnder rückblickend. Jeglicher Zweifel müsste sich dann – seiner Aussage zufolge – erübrigt haben, da die Festgenommene beim Durchlaufen des Wartebereichs im Polizeigebäude sinngemäß gerufen haben soll: »Ich bin Daniela Klette von der RAF. Ich bin festgenommen.« Sie habe sich zudem über ihre Mutter und Schwester sowie den weiteren Verbleib ihres Hundes erkundigt.
Am Mittwoch fand ein weiterer Prozesstermin statt. Es wurden zwei Augenzeugen mutmaßlicher Geldbeschaffungsaktionen befragt, bei denen die Angeklagte beteiligt gewesen sein soll. Der nächste Verhandlungstermin ist für Dienstag, den 13. Mai, angesetzt. Noch immer muss Klette auf Anweisung der JVA Vechta bei den Hin- und Rückfahrten zum Gerichtsgebäude eine schwere Bleiweste tragen, was nach Argumentation der Verteidigung – Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich von Klinggräff – die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten beeinträchtige, da sie an Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich leide. Obwohl der Vorsitzende Richter Lars Engelke wiederholt auf diesen Missstand hingewiesen worden war, hat sich bis heute nichts daran geändert. Die ihr angelegte Hand- und Fußfixierung ist eine Anordnung der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.
Daniela Klette wird die Beteiligung an 13 Geldbeschaffungsaktionen in Nordwestdeutschland zwischen 1999 und 2016 – nach der Selbstauflösung der RAF – vorgeworfen. Seit dem 25. März läuft der Prozess im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts im niedersächsischen Celle, ehe er dann ab Ende Mai in Verden-Eitze fortgesetzt werden soll.
Hinweis: Eine frühere Fassung des Beitrages hatte eine missverständliche Überschrift, die geändert wurde. (jW)
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