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Aus: Ausgabe vom 07.05.2025, Seite 16 / Sport
Rugby

Hechtsprung und Flankenlauf

Die Halbfinals im europäischen Rugby Champions Cup
Von Bernhard Krebs
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Da bleibt die Luft weg: Das Halbfinale Leinster vs. Northampton Saints endet mit 34:37

Mit einem ungefährdeten 35:18 hat die Mannschaft von Union Bordeaux-Bègles (UBB) gegen Titelverteidiger Stade Toulousain das Finale des Rugby Champions Cup erreicht. Am 24. Mai spielen »Les Girondins« in Cardiff erstmals in ihrer Vereinsgeschichte um die Krone in der Königsklasse des europäischen Klubrugbys. Gegner wird der amtierende englische Meister Northampton Saints sein, der den irischen Vertreter Leinster Rugby knapp mit 37:34 schlagen konnte.

Überragende Figur auf Seiten von UBB war am Sonntag in Bordeaux einmal mehr Ausnahmeflügelspieler Louis Bielle-Biarrey. Der 21jährige, der bereits beim Gewinn des Sechs-Nationen-Turniers im März tragende Säule der französischen Nationalmannschaft war, legte zwei Versuche (23. und 41. Spielminute), wobei der erste herausragte: Bielle-Biarrey düpierte die gegnerischen Verteidiger, als er sich ins Malfeld von Toulouse hechtete, den Ball zum 15:11 zu Boden drückte, sich im Stile eines Bodenturners über den Rücken abrollte, um schließlich auf den Füßen zu landen. Die rund 42.000 Zuschauer in Bordeaux standen nach der artistischen Einlage Kopf. Toulouse, das verletzungsbedingt auf Scrum-half Antoine Dupont und Full-back Thomas Ramos – beide sind auf ihren Positionen absolute Weltspitze – verzichten musste, konnte in Halbzeit eins noch Akzente setzen, war in Halbzeit zwei aber zusehends chancenlos und schied verdient aus dem Wettbewerb aus.

Das wesentlich aufregendere Halbfinale lieferten sich bereits am Sonnabend in Dublin vor 42.200 Zuschauern der irische Vertreter von Leinster Rugby und der amtierende englische Meister Northampton Saints. Eigentlich ging es laut Experten nur darum, wie hoch Leinster Northampton schlagen würde. Für die »Heiligen« um Spielmacher Fin Smith war das pure Motivation: »Wir haben uns das angeguckt und gedacht: Na, dann kommt doch«, sagte Smith nach dem sensationellen 37:34-Sieg. Leinster vergab mit der Niederlage die Chance auf ein viertes Finale in Folge im Champions Cup, nachdem die Finals der vergangenen drei Jahre allesamt verloren gegangen waren. Vom Anpfiff weg entwickelte sich eine rasante Partie, bei der Northampton mit großer Lust und Leidenschaft gegen eine eisern wirkende Leinster-Defensive anrannte, die in den beiden K.-o.-Runden zuvor gegen die Harlequins aus London und die Glasgow Warriors nicht einen Punkt zugelassen hatte.

Gegen die Saints bekam die weiße Weste bereits in der achten Spielminute ihren ersten Fleck, als Saints Full-back James Ramm aus dem Rückraum heraus beherzt eine Lücke im Zentrum der irischen Abwehr anrannte. Mit einem feinen Pass spielte er auf den kreuzenden Smith, der in den Rücken der Abwehr gelangte und mit einem butterweich getretenen Bodenroller Smith Wing Tommy Freeman auf dem rechten Flügel in Szene setzte, der den Konterangriff mit dem ersten Versuch der Partie abschloss. Freeman lief zu Topform auf und erzielte mit zwei weiteren Versuchen (36. und 38.) einen lupenreinen Hattrick. Doch zunächst kam auch Leinster zu Punkten und verkürzte per Straftritt (14.) durch Fly-half Sam Prendergast auf 3:7, ehe Wing Tommy O’Brien Leinster mit einem »Try« 8:7 in Führung brachte.

Die Iren waren danach aber nicht in der Lage, die auf dem Papier gegenüber Northampton bestehende Überlegenheit in Aktionen umzumünzen. Und so entwickelte sich besonders für neutrale Zuschauer ein munteres Hin und Her mit wechselnden Führungen, tollen Spieleröffnungen und spektakulären Tacklings. Flanker Josh van der Flier und Prendergast brachten Leinster (26.) 15:10 in Front, ehe Saints-Flanker Henry Pollock die Partie nach atemberaubendem Flankenlauf zum 15:15 ausglich (29.). Es folgten die beiden magischen Minuten mit zwei Versuchen von Freeman, und Northampton ging mit einer satten 27:15-Führung in die Pause.

Zwar konnte Leinster den Rückstand in Halbzeit zwei wiederholt verkürzen durch Versuche von Caelan Doris (47.), van der Flier (59.) und James Lowe (70.). Doch Northampton hatte immer eine Antwort parat: Ein Straftritt von Smith (56.) und ein erhöhter »Try« von Ramm (63.) bescherten den Saints einen knappen, aber verdienten 37:34-Sieg. Die Saints stehen damit erstmals seit der Saison 2010/11 – als sie gegen Leinster 33:22 verloren – im Champions-Cup-Finale. Den letzten Titel konnte Northampton in der Saison 1999/2000 mit einem knappen 9:8 gegen Munster Rugby aus Irland feiern.

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