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Aus: Ausgabe vom 07.05.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Schadstoffe aus PCK

PCK darf Dreck schleudern

Genehmigung für Raffinerie in Schwedt, Schadstofflimit zu überschreiten. Auch polnische Gebiete betroffen
Von Knut Mellenthin
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Schwefeldioxid ohne Ende: Die PCK-Raffinerie setzt Mensch und Umwelt vermehrt Schadstoffen aus

Die Raffinerie PCK (Petrolchemisches Kombinat) in Schwedt an der Oder darf weiter die nach deutschem und europäischen Recht zulässigen Höchstwerte für den Ausstoß von gesundheitsschädlichem Schwefeldioxid überschreiten, wie am Dienstag bekanntwurde. Mit der Entscheidung vom Ende des Vormonats verwarf Brandenburgs Landesamt für Umwelt Einwände, die unter anderem von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vorgebracht worden waren, und erteilte dem Unternehmen eine Ausnahmegenehmigung, die bis Ende 2027 gelten soll.

Ob diese Entscheidung Bestand hat, muss sich aber erst noch zeigen: Die DUH hat sofort Widerspruch gegen die Entscheidung der Landesbehörde angekündigt. Darüber hinaus will sie deren Vollzug durch einen gerichtlichen Antrag blockieren. Außerdem könnte der Streit noch EU-Gremien beschäftigen, weil die Schadstoffbelastung durch die Raffinerie auch nahegelegene Gebiete in Polen betrifft.

Die Ausnahmegenehmigung erlaubt dem PCK an einzelnen Tagen eine Schwefeldioxidemission bis zu 1.000 Milligramm pro Kubikmeter Luft. Nach deutschem Recht gilt für bestehende ältere Anlagen, die vor 2015 in Betrieb gingen, ein Höchstwert von 600 Milligramm. Die nun getroffene Entscheidung des Brandenburger Landesamts sieht vor, dass die Überschreitungen dieses Höchstwerts im Laufe des Jahres ausgeglichen werden müssen. Der reale Tagesmittelmittelwert erhöhe sich also nicht. Das besagt zumindest die Theorie. In der Praxis wird die Behörde vermutlich nicht viel unternehmen, wenn die Raffinerie einen Berg von Überschreitungen vor sich herschiebt, ohne ihn abzubauen.

Für diese Annahme spricht auch die Argumentation, mit der das Landesamt für Umwelt die Ausnahmegenehmigung rechtfertigt: Ohne diese gäbe es ein hohes Risiko für die Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit der Anlage. Es bestehe »die reale Gefahr einer teilweisen oder kompletten Betriebseinstellung (…) mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für die Region und auch überregionalen Auswirkungen für die Allgemeinheit«.

Die stark erhöhte Schadstoffemission entsteht dadurch, dass das Unternehmen seit Jahresbeginn 2023 kein russisches Erdöl mehr verarbeiten darf, sondern statt dessen nach eigenen Angaben mit etwa 20 verschiedenen Sorten unterschiedlicher Herkunft umgehen muss. Das erhöht zum einen die Produktionskosten beträchtlich und setzt außerdem mehr Schadstoffe bei der Verbrennung von Schwerölresten frei, die nicht mehr weiterverarbeitet werden können. Dass es durch die deutsche Sanktionspolitik so kommen würde, war von vornherein klar, wie am 15. Februar 2024 in einem Bericht des Handelsblatts beschrieben wurde: Das Unternehmen habe Regierungen und Behörden schon im Juni 2022 gewarnt, dass es zu »Überschreitungen der gegenwärtig genehmigten Emissionsgrenzwerte« kommen werde. Schon seit Ende 2023 kommt die PCK nur mit Ausnahmegenehmigungen über die Runden.

Am Mittwoch soll in Schwedt eine seit mehreren Wochen vorbereitete Demonstration unter dem einigenden, aber auch nichtssagenden Motto »Rettet die PCK-Raffinerie« stattfinden. In dem dahinterstehenden »überparteilichen Bürgerbündnis« sind alle Parteien außer der AfD vertreten. Als Redner angekündigt sind der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke (SPD), die Landrätin des Landkreises Uckermark, Karina Dörk (CDU), der frühere Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen (CDU) aus dem Wahlkreis Uckermark-Barnim, zu dem Schwedt gehört, und der Betriebsratsvorsitzende der PCK-Raffinerie, Danny Ruthenburg. Als Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes erscheint unter dem Demoaufruf der Name des BSW-Landtagsabgeordneten Reinhard Simon, der von 1990 bis 2019 Intendant der Uckermärkischen Bühnen Schwedt war. Ruthenburg äußerte vor der Demonstration die Hoffnung, dass einige tausend Menschen zusammenkommen werden.

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