Israels Registrierungsregeln für NGOs als Bedrohung für humanitäre Einsätze und Völkerrecht

55 humanitäre Organisationen, darunter »Ärzte ohne Grenzen«, Oxfam, Pax Christi und »Islamic Relief Worldwide«, kritisieren in einer gemeinsamen Erklärung Israels neue Registrierungsmaßnahmen für internationale Nichtregierungsorganisationen (INGOs) in Israel und Palästina:
Die unterzeichnenden 55 Organisationen, die in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten tätig sind, fordern die internationale Gemeinschaft zu dringenden Maßnahmen gegen die neuen israelischen Registrierungsvorschriften für internationale Nichtregierungsorganisationen auf. Diese Vorschriften basieren auf vagen, weit gefassten, politisierten und offenen Kriterien und scheinen darauf ausgerichtet zu sein, die Kontrolle über unabhängige humanitäre, entwicklungs- und friedensfördernde Maßnahmen zu erlangen, die auf internationalem humanitärem Recht und Menschenrechten basierende Advocacyarbeit zu unterbinden und die Kontrolle Israels über die besetzten palästinensischen Gebiete sowie deren faktische Annexion weiter zu festigen.
Seit über anderthalb Jahren arbeiten humanitäre Organisationen trotz beispielloser Einschränkungen weiter. Im Jahr 2024 erreichten sie Millionen von Menschen in den besetzten palästinensischen Gebieten mit lebenswichtigen Dienstleistungen – von Nahrungsmitteln und Wasser über mobile Kliniken bis hin zu Rechtshilfe und Bildung. Die neuen Registrierungsvorschriften drohen nun, diese Arbeit zu unterbinden. Diese Maßnahmen gehen über die übliche Politik hinaus. Sie stellen eine erhebliche Verschärfung der Beschränkungen für humanitäre und zivilgesellschaftliche Akteure dar und könnten einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen.
Nach den neuen Bestimmungen könnten bereits in Israel registrierte internationale Nichtregierungsorganisationen ihre Registrierung verlieren, während neue Antragsteller aufgrund willkürlicher, politisierter Vorwürfe wie »Delegitimierung Israels« oder der Unterstützung der Rechenschaftspflicht Israels für Verstöße gegen das Völkerrecht abgelehnt werden könnten. (…) Indem sie humanitäre Hilfe und Menschenrechtsarbeit als Bedrohung für den Staat darstellen, können die israelischen Behörden Organisationen allein deshalb ausschließen, weil sie über die Bedingungen berichten, die sie vor Ort beobachten, und zwingen internationale Nichtregierungsorganisationen, sich zwischen der Bereitstellung von Hilfe und der Förderung der Achtung der Schutzrechte der betroffenen Menschen zu entscheiden.
INGOs sind darüber hinaus verpflichtet, bei der Beantragung der Registrierung vollständige Mitarbeiterlisten und andere sensible Informationen über ihre Mitarbeiter und deren Familien an Israel zu übermitteln. In einem Kontext, in dem humanitäre Helfer und Mitarbeiter des Gesundheitswesens regelmäßig Schikanen, Inhaftierungen und direkten Angriffen ausgesetzt sind, wirft dies ernsthafte Bedenken hinsichtlich ihres Schutzes auf.
Diese neuen Vorschriften sind Teil einer umfassenderen, langfristigen Unterdrückung des humanitären und zivilgesellschaftlichen Raums, die durch verstärkte Überwachung und Angriffe sowie eine Reihe von Maßnahmen gekennzeichnet ist, die den Zugang humanitärer Helfer einschränken, die Sicherheit des Personals gefährden und die Grundprinzipien humanitärer Hilfe untergraben. (…)
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