Windel des Tages: Joe Chialo
Von Michael Merz
Berlins Kultursenator Joe Chialo macht die Biege. Endlich. Die Bügelfalten der Anzüge und Hemdkragen des CDU-Politikers hatten zwar stets harte Kanten, sein Rückgrat erschien allerdings meist windelweich. Die, die das Zusammenkürzen von rund 130 Millionen Euro in Berlins Kultur mit aller Macht exekutierten, trieben auch den einstigen Musikmanager mit inkonsistentem Bandportfolio vor sich her. Und er ließ es mit sich machen. Dieser Kahlschlag, das wird sein Erbe sein.
In einem Statement beklagt Chialo nun die Folgen der Kürzungen, die »drohende Schließung von bundesweit bekannten Kultureinrichtungen«. Die Einschätzung ist zutreffend. Aber ist Chialo konsequent? Nein. Dass er keinen Bock mehr hatte, angesichts der zu verwaltenden Misere weiter den Senator zu geben, das war im Herbst 2024 längst klar. Damals bereits war im Kulturausschuss der Aufstand gegen die desaströse CDU-SPD-Politik in der Hauptstadt geprobt worden. Doch Chialo wiegelte ab: Der Untergang der Kultur stehe nicht bevor, »die Erregungstsunamis helfen nicht weiter« (Zitat aus dem Tagesspiegel). Der Senator blieb wie angenagelt auf seinem Stuhl sitzen. Er hatte schließlich noch was vor. Ihm wurden gute Chancen auf die Nachfolge von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) im Bund nachgesagt. Die zerschlugen sich dann allerdings am Montag. Das künftige Regime Merz teilte mit, das Amt gehe an den stockkonservativen Gotteskrieger Wolfram Weimer.
Keine Woche länger wollte Chialo da als Senator in Berlin gelten. Am Freitag reichte er den Rücktritt bei Kai Wegner, seines Zeichens Regierender Bürgermeister mit dem Kulturverständnis eines Spandauer Versicherungskaufmanns, ein. Viel zu spät. Ein Fels in der Brandung, der er hätte sein müssen, um das Schlimmste zu verhindern, das war Chialo nie.
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