Flotille unter Beschuss
Von Wiebke Diehl
Ein Angriff auf die Solidarität mit Folgen. Zweimal sei der Bug der »Conscience« von einer Drohne getroffen worden, was zu einem erheblichen Riss im Rumpf und zu einem Feuer geführt habe. Das erklärte die »Koalition der Freiheitsflottille« (Freedom Flotilla Coalition) nach einem in der Nacht zu Freitag erfolgten Angriff auf eines ihrer Schiffe, mit dem Aktivisten Israels völkerrechtswidrige Blockade des Gazastreifens durchbrechen und Hilfsgüter in die Küstenenklave bringen wollten. Offenbar gezielt sei der Generator des Schiffes, das sich knapp 14 Seemeilen vor Malta in internationalen Gewässern befand, getroffen worden, die Besatzung sei ohne Strom geblieben, und das Schiff sei in Gefahr geraten zu sinken. Auch nach dem Angriff hätten Drohnen das Schiff weiter umkreist.
Die Aktivisten beschuldigten Israel, das in der Vergangenheit mehrfach Schiffe gestoppt und teilweise auch geentert hatte. Das israelische Außenministerium hat indes nach Angaben von Reuters auf eine entsprechende Anfrage nicht reagiert. Als im Mai 2010 ein Schiffskonvoi mit über 660 Passagieren versuchte, die israelische Seeblockade gegen Gaza zu durchbrechen, töteten israelische Soldaten – ebenfalls in internationalen Gewässern – neun Menschen auf der »Mavi Marmara«.
Die »Conscience«, auf der Freiwillige aus 21 Ländern mitgereist seien, habe unmittelbar ein SOS-Notsignal gesendet, so die Koalition. Die Zeitung Times of Malta berichtete, die maltesische Armee habe in der Nacht ein Patrouillenboot entsandt, um das Feuer auf dem Schiff zu löschen, auch Zypern habe auf den Notruf reagiert. Nach Angaben der Organisatoren hat das aus Südzypern entsandte Schiff allerdings nicht die notwendige Stromversorgung geliefert, und die maltesischen Behörden hätten sich noch Stunden nach Löschen des Feuers geweigert, die etwa 30 Passagiere zu retten. Die Regierung Maltas hingegen behauptet, die Besatzung habe nicht auf ein Schlepperboot umsteigen wollen. Wie die schwedische Klima- und Palästina-Aktivistin Greta Thunberg gegenüber Reuters bestätigte, hätte auch sie im Laufe des Freitags an Bord des Schiffes gehen sollen.
Derweil appellierten am Freitag humanitäre Helfer an die Staatengemeinschaft, die vor zwei Monaten von Israel erneut verhängte Komplettblockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Die Sprecherin des UN-Nothilfebüros in Gaza-Stadt sagte, tagtäglich suchten hungrige Kinder in Abfallbergen nach Essensresten und Brennmaterial; durch das Verbrennen von Plastik bilde sich überall gefährlicher Rauch. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte, ein Überleben sei im Gazastreifen kaum noch möglich. Israel als Besatzungsmacht müsse seiner aus den Genfer Konventionen resultierenden Verantwortung nachkommen, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu decken. Nach Einschätzung von Experten würden dafür mindestens 600 Lastwagen mit Hilfsgütern pro Tag gebraucht.
Laut einem Bericht der Times of Israel will der israelische Staat die Verteilung von Hilfsgütern zukünftig über private Sicherheitsfirmen organisieren, die in enger Verbindung mit der Regierung und der Armee stehen. In gesonderten Sicherheitszonen sollen dann nach mehreren Inspektionen Hilfspakete an einzelne Familien verteilt werden – unter erheblichen Schikanen und nur in einem Ausmaß, das den unmittelbaren Hungertod der Betroffenen abwendet.
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