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Aus: Ausgabe vom 02.05.2025, Seite 7 / Ausland
Vietnam

50 Jahre frei

Fall von Saigon am 30. April 1975: Vietnam feiert in Ho-Chi-Minh-Stadt den Sieg über das US-Besatzungsregime und dessen Statthalter
Von Gerhard Feldbauer
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Onkel Ho, wie er liebevoll in Vietnam genannt wird, im Zentrum der Parade am Mittwoch in Ho-Chi-Minh-Stadt

Hunderttausende Zuschauer hatten schon in der Nacht versucht, sich in der Le-Duan-Straße gute Plätze zu sichern. Zum 50. Jahrestag der Befreiung Südvietnams vom US-Besatzungsregime und seinen Saigoner Marionetten bildete am Mittwoch eine große, farbenprächtige Militärparade in Ho-Chi-Minh-Stadt, dem früheren Saigon, den Höhepunkt der landesweiten Feiern. Auf den Sieg folgte ein Jahr später die Wiedervereinigung zur Sozialistischen Republik Vietnam.

Das Defilee der 13.000 Soldaten, darunter Einheiten der chinesischen, laotischen und kambodschanischen Streitkräfte, nahm Verteidigungsminister General Phan Van Giang ab. Eröffnet hatten das militärische Zeremoniell 21 Salutschüsse der Artillerie, während Kampfjets und eine Hubschrauberstaffel der Luftwaffe mit den Flaggen Vietnams und der Kommunistischen Partei (KPV) über das Zentrum von Ho-Chi-Minh-Stadt flogen. Im Mittelpunkt einer künstlerischen Massendarbietung stand eine Trommelvorführung der Volkspolizeiakademie unter dem Motto »Das Epos des vollständigen Sieges« – mehr als 800 Trommeln verschiedener Art waren zu hören, berichtete die Vietnam News Agency.

Auf der Tribüne hatten die führenden Repräsentanten mit dem Generalsekretär der KPV, To Lam, Präsident Luong Cuong und Ministerpräsident Pham Minh Chinh an der Spitze Platz genommen. Neben ihnen die Vertreter von über 30 internationalen Delegationen, darunter der Generalsekretär der Laotischen Revolutionären Volkspartei und Präsident von Laos, Thongloun Sisoulith, der Vorsitzende der Kambodschanischen Volkspartei und Präsident des kambodschanischen Senats, Hun Sen, sowie der Vizepräsident von Kuba, Salvador Valdés Mesa.

»Es war ein Sieg des Glaubens« und auch der »Gerechtigkeit über die Tyrannei«, sagte To Lam unter Berufung auf eine der Maximen Ho Chi Minhs: »Vietnam ist eins, das vietnamesische Volk ist eins. Flüsse mögen austrocknen, Berge mögen erodieren, aber diese Wahrheit wird sich nie ändern.« Ho Chi Minh sei voller Siegeszuversicht gewesen, »dass unser Volk diesen Kampf gewinnen und unser Vaterland vereint sein wird«. To Lam dankte allen für den Beitrag, den sie dafür geleistet hatten, und gedachte derer, die dafür ihr Leben geopfert haben. Präsident Cuong richtete seinen Dank an die ausländischen Gäste für die »wirksame Unterstützung und Hilfe der UdSSR, Chinas und der anderen sozialistischen Bruderländer, internationaler Freunde und friedliebender Menschen auf der ganzen Welt«.

Vor dem Wiedervereinigungspalast schilderten Veteranen die Momente des Sieges. Bis 1975 war der Palast Sitz der Präsidenten des Saigoner Marionettenregimes der USA, in dem am 30. April der letzte Statthalter der USA, Duong Van Minh, residierte. Gegen 11.30 Uhr sei die Vorausabteilung eines Panzerregiments der Befreiungsstreitkräfte ohne Gegenwehr an der US-Botschaft vorbei zum Palast vorgestoßen. Der Führungspanzer rammte das schmiedeeiserne Tor auf; der Regimentskommandeur, Oberst Bui Van Tung, kletterte aus dem Geschützturm und ging mit einigen seiner Offiziere die Treppen zum Palast hoch. Dort erwartete ihn Duong Van Minh, um zu kapitulieren.

Während noch immer drei Millionen Vietnamesen allein an den Folgen der zur Entlaubung vom US-Militär eingesetzten Pestizide leiden, normalisierten Vietnam und die Vereinigten Staaten 1995 die diplomatischen Beziehungen. Beide Länder hätten eine »solide bilaterale Beziehung, die wir vertiefen und erweitern wollen«, erklärte ein Sprecher der US-Mission in Vietnam am Mittwoch.

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