Kampf um Coltan
Von Bernard SchmidDas Kriegsglück wechselt oft schnell die Seiten. Am Donnerstag früh vermeldete die Armee der Demokratischen Republik (DR) Kongo die Rückeroberung der Bezirkshauptstadt Masisi. Die circa 40.000 Einwohner zählende Kommune in 1.500 Metern Höhe zählt zum von Vulkanbergen geprägten Hinterland von Goma in der kongolesischen Provinz Nordkivu. Schon um neun Uhr am Donnerstag vormittag startete allerdings die Rebellengruppe »M 23« eine Gegenoffensive. Noch im Laufe des Tages nahm sie erneut das Zentrum von Masisi ein. Laut Schätzungen des UN-Nothilfebüros OCHA vom Dienstag waren seit Jahresbeginn wegen der heftigen Kämpfe bereits 100.000 Menschen aus Masisi und dem näheren Umland geflohen. Dabei habe es in ganz Nordkivu Ende Dezember schon 2,7 Millionen Geflüchtete gegeben.
Die »M 23« ist die Nachfolgeorganisation einer früheren Miliz, die unter dem Namen »Nationalkongress für die Verteidigung des Volkes« (CNDP) ab 2006 aktiv war und 2009 einen Waffenstillstand mit der kongolesischen Regierung in Kinshasa schloss. Ursprünglich war der CNDP mit Hilfe des Nachbarlandes Ruanda formiert worden, um im Ostkongo aktive Milizen extremistischer Hutu zu bekämpfen. Diese waren Überbleibsel des 1994 in Kigali gestürzten »Hutu Power«-Regimes, das von April bis Juli 1994 den Völkermord an der Bevölkerungsgruppe der Tutsi verübt hatte. Das seitdem faktisch von überlebenden oder aus dem Exil in Uganda zurückgekehrten Tutsi regierte Ruanda zerschlug einen Teil ihres Apparats im Jahr 1996.
Später bildeten die Hutu-Rassisten die »Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas« (FDLR). Diese Miliz, die Kindersoldaten rekrutierte, mordete und brandschatzte, wurde zeitweilig von Exilführern von deutschem Boden aus befehligt. Ihr in Mannheim ansässiger Anführer Ignace Murwanashyaka wurde 2015 in Deutschland zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt und starb 2019 in Haft. Heute sind die FDLR noch eine Gefahr, doch erheblich geschwächt. Anders als sie rekrutierte der mit Ruanda verbündete CNDP genau wie später Nachfolger »M 23« vorwiegend aus der kongolesischen Tutsi-Bevölkerung, den Banyamulenge. Doch alsbald verselbständigte sich die ruandische Kriegführung. Die sich mit den USA – und Israel – verbündende neue Staatsführung in Kigali verfolgte seit den späten neunziger Jahren expansive Ziele im Ostkongo und beutete dortige Rohstoffvorkommen aus.
Seit 2024 ist einer der Hauptgegenstände der Auseinandersetzungen die Kontrolle über die Coltanminen von Rubaya in der Nähe von Masisi. Während einer Ruhephase nach einem entsprechenden Abkommen von 2009 einigten sich DR Kongo und Ruanda auf eine gemeinsame friedliche Ausbeutung der Rohstoffe der Region und eine Initiative zur Zurückverfolgbarkeit von gehandeltem Coltan und anderen Erzen unter dem französischen Titel ITSCI. Dieses chronisch unterfinanzierte Kontrollsystem wird jedoch auf ebenso chronische Weise umgangen. Die Pariser Zeitung Le Monde konstatierte am 29. August 2024 die »flagrante Pleite« des Mechanismus. Zu den Hauptimporteuren zählen die USA und China.
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