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Aus: Ausgabe vom 24.05.2024, Seite 8 / Inland
Agitprop in Bayern

»Der herrschenden Klasse ihr Festessen versalzen«

Bayern: Satirischer Triumphzug von »Superreichen« in Nürnberg. »Pöbel« soll Wagen ziehen. Ein Gespräch mit Gudrun Lillert
Interview: Hendrik Pachinger, Nürnberg
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1.-Mai-Demonstration in Nürnberg unter dem Motto »Als Klasse kämpfen« (1.5.2022)

Am Sonnabend sollen Unternehmenslenker und Superreiche mit einer »Parade der Krisengewinner« in Nürnbergs Innenstadt gefeiert werden. Was ist der Anlass für diesen Triumphzug?

Krieg und Krise halten die Welt in Atem. Abermillionen sind von Armut, Hunger, Tod und Vertreibung betroffen. Weltweit toben Konflikte und Kriege, die von den Imperialisten kräftig angeschoben werden. Zusätzlich droht ein Kollaps der Klimaverhältnisse, wie wir sie kennen, nehmen die Umweltschäden immer katastrophalere Ausmaße an. Millionen von Menschen sind auf der Flucht, weil ihnen die Lebensgrundlagen entzogen wurden. Zu all dem werden noch Wirtschaftskriege vom Zaun gebrochen, die das Leben der unteren Klassen teurer machen. Die Zahl der von Armut betroffenen Menschen ist gestiegen, und das, obwohl die Volksrepublik China die absolute Armut in ihrem Land besiegt hat. Für die übergroße Mehrheit der Menschen wird die Zukunft immer bedrohlicher.

Das klingt nicht gerade nach einem Grund, die Profiteure mit einer Parade zu ehren.

Wo Schatten ist, ist auch Licht. Bei jedem Krieg und bei jeder Krise gibt es auch welche, die sich daran dumm und dämlich verdienen. Bei Konzernen und Aktionären sprudeln die Gewinne. Es sind die Großkonzerne und die Superreichen, die genau damit ihr Geld verdienen, dass Milliardenbeträge in Kriege gesteckt werden und der Planet auf Kosten der Umwelt gnadenlos ausgebeutet wird. Diese wenigen profitieren, während die überwiegende Mehrheit der Menschheit unter den Lasten und Schäden leidet. Die Krisengewinner können sich darüber freuen, dass Karl Marx's Prognose, wonach die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, so zuverlässig eingetroffen ist. Und eben dies soll auf der »Parade der Krisengewinner« nun auch öffentlich zelebriert werden.

Auch der »Pöbel« darf mitmachen. Welche Rolle wird der ausgebeuteten Klasse zugewiesen?

Arbeiterinnen und Arbeiter dürfen unsere Krisengewinnler auf ihrem Triumphwagen ganz umweltfreundlich durch die Innenstadt ziehen. Da das Proletariat allen gesellschaftlichen Reichtum erwirtschaftet, muss es nicht unbedingt sauber gewaschen sein. Man darf ihm die harte Arbeit ruhig ansehen. Soviel Wertschätzung muss sein. Achtsamkeit muss nicht unbedingt etwas mit gerechter Teilhabe an gesellschaftliche Reichtum zu tun haben, wie uns die Soziologen erklären. Die Klassenverhältnisse wären bitt’schön so zu belassen, wie sie nun einmal sind.

Hinter der Aktion steckt die Gruppe »Prolos« aus Nürnberg. Dafür arbeiteten Sie mit der Antifaschistisch Revolutionären Aktion Gießen und der Sozialrevolutionären Aktion Regensburg zusammen. Welchen Zweck soll das Ganze erfüllen?

Trotz der dramatischen Gesamtsituation bleiben die Menschen in diesem Land verhältnismäßig ruhig. Unsere Aufgabe als revolutionäre Linke ist es, sie aufzurütteln und allen, denen es schon seit langen stinkt, eine linke Lösung jenseits vom Mainstream oder Rechtspopulismus anzubieten. Dazu wollen wir mit der Aktion einen bescheidenen Beitrag leisten. Sie reiht sich ein in eine Vielzahl von Aktivitäten, welche die Machenschaften der herrschenden Klasse entlarven und zum Widerstand dagegen auffordern.

Zum Beispiel?

Zu nennen wären die Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration in Nürnberg mit anschließendem Straßenfest, das jedes Jahr von Tausenden besucht wird. Oder die seit circa eineinhalb Jahren jeden Mittwoch 18 Uhr stattfindende Antikriegskundgebung in der Innenstadt sowie viele andere Aktionen mehr.

2023 gelang es in Gießen einem »roten Mob«, die Veranstaltung zu kapern und den Krisenprofiteuren die Show zu stehlen. Ist damit erneut zu rechnen?

Es wäre zu hoffen, dass auch dieses Mal der herrschenden Klasse ihr Festessen versalzen wird. Das versuchen die teilnehmenden Gruppen zu leisten. Aber die Hauptakteure sind die proletarischen Massen, die uns hoffentlich tatkräftig dabei unterstützen, dass die Rechnung der herrschenden Klasse nicht aufgeht und wir dem System von Ausbeutung und Unterdrückung endgültig ein Ende bereiten – für eine glänzende, sozialistische Zukunft.

Gudrun Lillert ist aktiv in der Nürnberger Gruppe »Prolos«

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