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Aus: Ausgabe vom 24.05.2024, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Westbank wird bestraft

Israel genehmigt Rückkehr in drei illegale Siedlungen. Tote in Dschenin, Finanzminister friert palästinensisches Geld ein
Von Jakob Reimann
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Im Schatten des Gazakriegs verstärkt Israel sein militärisches Vorgehen in der Westbank (Dschenin, 22.5.2024)

Als Vergeltung für die am Mittwoch angekündigte Anerkennung Palästinas durch Norwegen, Spanien und Irland hat das israelische Militär die Wiederbesiedlung dreier 2005 aufgegebener Siedlungen im Westjordanland genehmigt, teilte das Verteidigungsministerium laut Reuters am Mittwoch mit. Für jede einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates solle je eine neue Siedlung errichtet werden, forderte der extrem rechte Finanzminister Bezalel Smotrich laut dem israelischen Sender I 24 News. Auch habe Smotrich den Planungsausschuss des Westjordanlandes aufgefordert, zehntausend Wohneinheiten in der Siedlung Schiloh zu genehmigen.

2005 hatte die israelische Regierung die Räumung der Siedlungen Sa-Nur, Ganim und Kadim angeordnet. Diese befinden sich in der Nähe der palästinensischen Städte Dschenin und Nablus, die als die Zentren des bewaffneten Widerstands gegen die israelische Besatzung im Westjordanland gelten. Unterdessen versammelten sich am Donnerstag Tausende Menschen in Dschenin, um der zwölf Opfer des jüngsten Angriffs der israelischen Armee auf die Stadt und ihr Flüchtlingslager zu gedenken, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA. Der Angriff begann am Dienstag morgen und zog sich über zwei Tage hin. Zu den Todesopfern gehörte demnach auch der Leiter der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses von Dschenin. Auf mehrere Journalisten, die den Angriff dokumentierten, wurde das Feuer eröffnet. Mehr als 20 Menschen wurden durch scharfe Munition verletzt. Auch wurden zehn Häuser bombardiert, und die Infrastruktur der Stadt wurde schwer beschädigt, darunter Straßen, Strom- und Wassernetze, Abwassersysteme, Geschäftsgebäude und mehrere Fahrzeuge, heißt es bei WAFA weiter: »Der Angriff hinterließ eine Spur der Verwüstung.« In der Nacht zu Donnerstag haben radikale israelische Siedler Weizenfelder in der Stadt Sebastia nordwestlich von Nablus in Brand gesetzt und rund 1,5 Hektar abgefackelt, meldet WAFA unter Berufung auf den Bürgermeister der Stadt, Mohammad Asem.

Bereits im vergangenen Jahr wurde eine vierte Siedlung, Homesch, für die Wiederbesiedelung freigegeben, nachdem das israelische Parlament eine Änderung des sogenannten Rückzugsgesetzes von 2005 verabschiedet hatte. Für eine Rückkehr in die anderen drei Siedlungen war eine Genehmigung des Militärs erforderlich, das über die gesamte Kontrolle über das Westjordanland verfügt. Sämtliche der 147 israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland sind völkerrechtswidrig, ebenso die 191 Außenposten, die selbst nach israelischem Recht illegal sind, von der Regierung jedoch zunehmend »legalisiert« werden. 2023 wurden 26 »Außenposten« neu gegründet, so viele wie noch nie zuvor in einem Jahr. »Der jüdische Griff um Judäa und Samaria garantiert Sicherheit«, erklärt der israelische Verteidigungsminister Joaw Gallant laut Reuters unter Verwendung der biblischen Namen für das Westjordanland. Die Entwicklung der drei Siedlungen werde »den Bewohnern des Gebiets Sicherheit bieten«. Die Sicherheit der palästinensischen Einwohner des Westjordanlands, die seit Ausbruch des Krieges zunehmend Anschlägen und Pogromen extrem rechter israelischer Siedler ausgesetzt sind, hatte Gallant hierbei gewiss nicht im Sinn.

Finanzminister Smotrich hatte am Mittwoch angekündigt, er werde als Vergeltung für Norwegens angekündigte Anerkennung Palästinas die Überweisung von Steuereinnahmen an die Palästinensische Nationalbehörde (PA) stoppen, berichtet ABC News. Im Rahmen der Friedensverhandlungen in den 1990er Jahren wurde vereinbart, dass Israel im Namen der PA Steuern einnimmt und diese dann nach Ramallah überweist. Nach dem Anschlag der Hamas und anderer Gruppen aus Gaza vom 7. Oktober fror Smotrich diese Überweisungen zunächst ein. Später wurde Norwegen als Vermittler eingesetzt, um die Gelder an die PA weiterzuleiten. Dieser Mechanismus mit Oslo werde nun ausgesetzt. Dadurch werden die ohnehin schwindenden Möglichkeiten der palästinensischen Verwaltung, die Gehälter an Tausende Angestellte im Westjordanland auszuzahlen, weiter eingeschränkt.

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