Für die Schule auf die Straße
Von Carmela NegreteDas Netzwerk »Bildungswende jetzt!« ruft in den kommenden Wochen zu mehreren Protestaktionen für eine andere Bildungspolitik auf. Das in mehreren Bundesländern aktive Bündnis aus Gewerkschaften, Bildungsverbänden sowie Eltern-, Schüler- und Studierendenvertretungen beklagt die sich verschärfende Bildungskrise und den Mangel an »Tausenden Erzieherinnen und Lehrkräften, Hunderttausenden Kitaplätzen« sowie die Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher, die jedes Jahr die Schule ohne Abschluss verlassen. Auch die soziale Ungleichheit in der Bildung wird angeprangert.
Eine Schülerin aus Bremen stellte die kommenden Aktionen am Donnerstag gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Bündnisses auf einer Pressekonferenz vor. Mitbestimmung stehe zwar im Grundgesetz, aber in der Schule dürften Schüler »selten mitbestimmen, und in der Politik hört uns keiner richtig zu«, kritisierte sie. Sie finde es ungerecht, dass es »immer noch viel zu viele Schüler gibt, denen das Recht auf Schule verwehrt wird, sei es durch einen sogenannten Förderstatus, durch Sprachbarrieren oder durch fehlende Fachkräfte«. Auch Charlie Löbner, Selbstbezeichnung studierende Person, sagte, das Bildungssystem müsse »endlich seine zentrale Aufgabe erfüllen und allen Kindern und Jugendlichen Teilhabe ermöglichen.« Philipp Dehne, ehemaliger Lehrer und ehrenamtlicher Mitorganisator des Bündnisses, warnte: »Kanzler und Ministerpräsidenten spielen weiter Verantwortungspingpong auf dem Rücken der jungen Generation und gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt.«
An diesem Freitag beginnen die Protestaktionen in Bremen. Es folgen Köln, Hamburg, München und weitere Städte. In Berlin beginnt an diesem Sonnabend, dem Tag des Kindes, um 11 Uhr auf dem Dorothea-Schlegel-Platz eine Großdemonstration zum Roten Rathaus. Am 20. Juni wird auch eine Demonstration am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz in der Hauptstadt stattfinden, denn eine der Forderungen ist, dass sich das Gremium in einer Sondersitzung mit den Bildungsproblemen in Deutschland befasst. Dabei soll auch eine Petition zum akuten Personalmangel übergeben werden. Zuletzt hatte das Bündnis im vergangenen Jahr demonstriert und Tausende Betroffene mobilisiert.
Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) fehlen bundesweit rund 430.000 Kitaplätze und »das aktuelle Förderprogramm des Bundes zum Ausbau von Kitaplätzen läuft in diesem Jahr aus«, ein neues gebe es bislang nicht, so der DGB am Donnerstag. Bundesfamilienministerin Elisabeth Paus von den Grünen bettelt derzeit geradezu öffentlich beim Finanzministerium des FDP-Politikers Christian Lindner um Mittel, zuletzt am Dienstag auf einer Konferenz in Berlin.
Doch beide Minister wissen, wofür Geld da ist – zum Beispiel für die Aufrüstung. Ob das die protestierende Bildungsgemeinschaft auch weiß? Denn im Forderungskatalog von »Bildungswende jetzt!« findet sich keine Kritik an der Bundeswehr oder an der Militarisierung der Gesellschaft, obwohl genau sie zu Kürzungen in fast allen Bereichen führt, auch bei der Bildung. Man äußere sich nicht zu allen bildungspolitischen Themen, hieß es am Donnerstag auf jW-Anfrage von dem Bündnis. Man habe eine begrenzte Zahl von Forderungen, um »von der Bildungskrise zur Bildungswende« zu kommen. Allerdings habe man in der Vergangenheit die zunehmende Präsenz des Militärs an Schulen kritisiert.
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