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Aus: Ausgabe vom 23.05.2024, Seite 10 / Feuilleton
Punk

Angstfrei dank Messer

Die Psychedelic-Heavy-Hardcore-Metal-Punks Clowns in Berlin
Von Norman Philippen
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Schöne Tattoos: Clowns aus Melbourne

Warum mittelalte Brillenträger es trotz just verstauchtem linken Fuß fast witzig finden sollten, wenn ihre Brille von vielen fremden Füßen zermosht wird? Bei mir lag das am Pfingstmontag abend daran, dass im Friedrichshainer Cassiopeia-Klub die Clowns so irrwitzig wüteten, als wären sie Australiens zur Zeit wildester Beitrag in Sachen Schnelleben-Frühsterben-Weltmusik. Könnte auch so sein. Wären die Clowns nicht unsterblich.

Den Grund dafür – »And I used to think that I’d go out young / And that I wouldn’t live past twenty five / And now I’m pretty sure I’ll never die / ’Cos I'm soaking in Formaldehyde (aye, aye, aye)« – brüllte zum Einstand überzeugend der allerdings banal in Eigenschweiß statt Formaldehyd getränkte Stevie Williams. Das ist derjenige der fünf Furiosen, der nicht so gut gelockt an der Gitarre agierte wie Jarrod Goon bzw. seit 2021 der Type-O-Negative-Typ Cameron Rust mit der weißen ­Metalaxt im Slayer-Shirt. Am Schlagzeug mit Prinz-Ivanhoe-Frise, aber dem brutalen Bums, der dem Drummer der »punk infused«-Hard-Rock-Vorband March eher abging: Jake Laderman. Der Opener »Formaldehyde« ist wiederum der erste (richtige) Song vom letztjährigen Allererstesahnealbum »Endless«. Und als der kaum beendet war, übergab ich der Begleitung meinen Hosentascheninhalt, um vorne mitzumoshen. Nicht in erster Reihe, weil da wegen Fotografen kein Platz mehr ist. Und nur so lange, bis die kurze Kontaktaufnahme eines Skinheadbuben die Verstauchung und den Rückzug zeitigte.

Als weiter hinten wieder Brilleaufsetzzeit gewesen wäre, war die aber noch vorn. Getrübten Blickes konnte ich immerhin sehen, wie Fleur van Zuilen vorbeidivte, nachdem die Frontfrau der Vorband den Clowns bei – von Williams in bestem Deutsch mit »Ich habe ein Messer und keine Angst, es zu benutzen« angesagten – »I Got a Knife« und »Enough’s Enough« ausgeholfen hatte. Bassistin Hanny Tilbrook war zum clean(er) werden spontan in Australien geblieben. Da hat sie einen sehr geilen Gig verpasst. Den die superkurzfristig engagierte Ersatzbassistin Shauna Ceratops weggezupft hat, als wäre nichts dabei. Eignet Ceratops sich zwar nicht als Brüllersatz für Tilbrook, konnte die stimmgewaltige van Zuilen wenigstens für zwei Songs zeigen, dass sie eine grandiose Clownin sein könnte. Kommen die Clowns wieder nach Berlin, guck ich sie mir sehr gern noch mal mit Hanny an. Mit neuer Brille dann.

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