VVN-BdA ruft zur Verteidigung des Grundgesetzes auf
Zum 75. Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes am 23. Mai ruft die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) dazu auf, es zu verteidigen und anzuwenden:
Am 23. Mai 1949 ist das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten. (…) Das Grundgesetz hat einen antifaschistischen Grundcharakter. Wesentlich geprägt wurde es bei seiner Erarbeitung von den noch sehr frischen Erfahrungen mit der Ideologie und der Herrschaft des deutschen Faschismus. Auch das Bundesverfassungsgericht hat den Charakter des Grundgesetzes als »Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes« unterstrichen. (…)
In diesem Zusammenhang ist auf Artikel 139 des Grundgesetzes (GG) hinzuweisen, in dem ausdrücklich die »Fortgeltung der Befreiungsgesetze« (»zur Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus«) festgestellt wird. Entgegen anderslautenden Behauptungen, dass die Fortgeltung inzwischen »obsolet« geworden sei, ist festzustellen, dass Artikel 139 unverändert Bestandteil des GG und damit nach wie vor voll gültig ist.
Geradezu grundgesetzwidrig sind die Versuche der Verfassungsschutzbehörden, Antifaschismus als »Extremismus« hinzustellen und damit Antifaschist*innen zu kriminalisieren. Für Antifaschist*innen ist der antifaschistisch-demokratische Charakter des Grundgesetzes von wesentlicher Bedeutung. Gesellschafts- und verfassungspolitisch ist das Grundgesetz eine Art klassenpolitischer Kompromiss. Ein Kennzeichen dafür ist, dass es keine Wirtschaftsform vorschreibt. Verfälschend sind deshalb die Versuche, Kapitalismus und Demokratie gleichzusetzen. Wesentlich für Antifaschist*innen ist die Verankerung demokratischer, sozialer und humaner Grundrechte. Durch vorgenommene Ergänzungen (z.B. für die Notstandsgesetze, Wehrverfassung, Abbau des Asylrechts usw.) ist das Grundgesetz allerdings an mehreren Stellen verändert, zum Teil gegenüber seiner ursprünglichen Fassung und Zielsetzung geradezu verfälscht worden.
Anwendung und Auslegung der Grundrechte unterliegen den gesellschaftlichen und politischen Machtverhältnissen. Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit klaffen zuweilen auseinander. Um so notwendiger ist es, auf die Einhaltung und Anwendung der demokratischen Rechte zu bestehen. (…)
Aus demselben Anlass ruft Pro Asyl zum Schutz von Menschenwürde und Asylrecht auf:
Deutschland feiert den 75. Geburtstag des Grundgesetzes – eine historische Errungenschaft und eine Lehre aus der Nazizeit. Pro Asyl erinnert mit sechs weiteren Organisationen daran, dass es Demokratie ohne die einklagbare Achtung und den einklagbaren Schutz der Menschenrechte nicht gibt. Dazu gehört das individuelle Grundrecht auf Asyl.
»Nie wieder sollte die staatliche Gewalt in Deutschland Menschen ihrer Würde berauben. Und nie wieder sollten diejenigen, die aus ihrem Land flüchten müssen, vor verschlossenen Grenzen stehen. Beides drückt sich aus in der im Grundgesetz festgeschriebenen Verpflichtung allen staatlichen Handelns, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen«, heißt es im Aufruf. Dies ist der Geist des Grundgesetzes, den es zu erhalten gilt – auch am 9. Juni bei der Europawahl. (…)
2 Wochen kostenlos testen
Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!
Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.
Unser Grundgesetz enthält unveräußerliche Rechte, z. B. im Artikel 1 überschrieben mit »Menschenwürde – Menschenrechte – Rechtsverbindlichkeit der Grundrechte«. Da ist kein Platz für parteipolitische Änderungswünsche.
Allerdings häufen sich zur Zeit Maßnahmen der Verwaltung/Polizei, genehmigte Kundgebungen, Kongresse von friedensbewegten Menschen zu »sprengen«. Gründe findet die Exekutive dafür immer.
Es wird bald Zeit, dass hiergegen Verfassungsbeschwerden eingelegt werden, weil durch dieses Verwaltungshandeln die Freiheit der Meinung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen eingeschränkt werden könnte.
Die rechtlichen Grundlagen dafür sind: § 90 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) und Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 a des Grundgesetzes. Verfassungsbeschwerde kann danach von jedermann erhoben werden, der durch öffentliche Gewalt sich in seinen Grundrechten verletzt fühlt.