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Aus: Ausgabe vom 23.05.2024, Seite 8 / Ansichten

Spätmerker des Tages: Bitkom

Von Felix Bartels
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Die neue Unübersichtlichkeit

Wie schön das Internet noch war, als es noch nicht war. Was wurde gehofft und erwartet. Die Zeit der Informationsgesellschaft schien gekommen, der mündige Bürger nicht länger Fiktion. Austausch von Meinungen und Wissen werde Vernunft und Umsicht anheben. Nur passionierte Pessimisten sahen damals, was heute im Angesicht überwältigender Evidenz kaum noch wer abstreitet: Beständiges Drüberreden macht die Menschen nicht klüger, es macht sie dümmer.

Man hätte gewarnt sein können. 1977 hatte Peter Hacks – noch ohne Schimmer einer digitalen Zukunft – geschrieben: »Jeglicher Weltentwurf, der zu seiner Durchführung eine besondere Art von Leuten erfordert, sollte lieber gleich fallengelassen werden.« Nur konnte das Internet, als Abfallprodukt technischen Fortschritts, nicht aufgehalten werden. Daher gingen die Einwände des »Zukunftsforschers« Matthias Horx durchaus ins Leere. Er hatte 2001 prognostiziert, das Netz werde keine Zukunft haben, weil es zu kompliziert sei. Da stimmte nicht nur die Prognose nicht. Der Erfolg des Internets beruht gerade darauf, dass es das Einfache kompliziert macht. In technischer Hinsicht (wie es bei Horx gemeint war) ebenso wie in puncto Inhalt.

Das Netz zerfasert jede Sache. In den Dramen Shakespeares schweigen die Leute, wenn alles gesagt ist. Im Internet fangen sie überhaupt dann erst richtig an zu streiten. Ein Vierteljahrhundert nach Horx’ Hoax sollte man das eigentlich verstanden haben. Der Branchenverband Bitkom, der davon lebt, es nicht zu verstehen, staunt dagegen noch immer. In einer aktuellen Studie stellt er fest: »Angesichts der zunehmenden Menge an Informationen aus einer stetig wachsenden Zahl journalistischer und nicht journalistischer Quellen im Netz ist es für viele Menschen schwer geworden, Tatsächliches von Falschem zu unterscheiden.«

Ach, sag bloß.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (23. Mai 2024 um 16:00 Uhr)
    Dem Branchenverband ist zu empfehlen, sich eine vernünftige Definition von »Information« anzueignen. Eine Hilfestellung ist z. B. hier zu finden: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/information-40528/version-263909. Auszug: »Was ist «Information»? 1. Begriff: Derjenige Anteil einer Nachricht, der für den Empfänger einen Wert besitzt. Durch Informationen werden beim Wirtschaftssubjekt bestehende Wahrscheinlichkeitsurteile bez. entscheidungsrelevanter Daten oder Ereignisse (z.B. Tauschmöglichkeiten oder technische Innovationen) verändert …«. »Tatsächliches von Falschem zu unterscheiden« war auch vor dem Internet schon schwierig. Das Internet hat nur die Menge an Heu (oder Stroh), in dem man die Nadel finden muss, vergrößert. Das Stroh, das Bitkom drischt, enthält viele Zeichen, aber wenig Information.

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