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Aus: Ausgabe vom 23.05.2024, Seite 8 / Ausland
Menschenrechte

»Das Justizsystem hat Tausende im Stich gelassen«

Brüssel: Internationales Tribunal hört Opfer philippinischer »Aufstandsbekämpfung«. Ein Gespräch mit Jonila Castro
Interview: Justus Johannsen
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Protest gegen Minenausbau (Jakarta, 4.3.2019)

Als philippinische Umweltaktivistin sind Sie Opfer staatlicher Gewalt geworden und haben am 17. und 18. Mai als Zeugin am Internationalen Volkstribunal, IPT, in Brüssel teilgenommen. Können Sie uns mehr über Ihre Aussage erzählen?

Die zunehmende Repression der philippinischen Regierung gegen Umweltaktivisten und die breitere nationale Demokratiebewegung sind Teil eines größeren Konzepts der Regierung Ferdinand Marcos Jr. Bis heute sind die Philippinen einer der gefährlichsten Orte für Umweltaktivisten. Marcos Jr. wendet verschiedene Repressionstaktiken an, die von extralegalen Tötungen, über den Einsatz der berüchtigten NTF-ELCAC – der nationalen Taskforce zur Beendigung lokaler kommunistischer bewaffneter Konflikte –, bis hin zu verschiedenen erfundenen Anklagen gegen Aktivisten reichen. Diese Angriffe werden unter dem Deckmantel der »Aufstandsbekämpfung« durchgeführt, wodurch die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilisten verwischt wird. Das stellt einen schweren Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar.

Inwiefern betrifft Sie diese Repression?

Als Mitglied von Kalikasan konzentriert sich mein Engagement auf die Organisation von Kampagnen zur Verteidigung der Umwelt und der Rechte von marginalisierten Gemeinschaften, die von Landgewinnungs- und Bergbauprojekten sowie Megastaudämmen betroffen sind. Meine Zeugenaussage vor dem Internationalen Volkstribunal hat genau diese Probleme aufgezeigt. Ich berichtete aus erster Hand über die Brutalität des Staates und wie Jhed Tamano und ich 17 Tage lang vom Militär entführt, psychologisch gefoltert und dann den Medien als sogenannte Rebellen, die sich ergeben haben, präsentiert wurden. Die Regierung Marcos Jr. will abweichende Meinungen zum Schweigen bringen und die Interessen mächtiger Unternehmen schützen.

Welche Art von Verbrechen wurden vor dem Tribunal verhandelt?

Die Regierung Marcos Jr. leugnet Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen. Sie benutzt das Antiterrorgesetz, um Andersdenkende und Regierungskritiker als Terroristen abzustempeln und die Forderungen der Bevölkerung zu delegitimieren. Kurz gesagt, das philippinische Justizsystem hat Tausende von Aktivisten und Betroffene von Greueltaten unter der gegenwärtigen Regierung und sogar unter früheren Regierungen im Stich gelassen. Ich bin in der Hoffnung zum IPT gekommen, einen Beitrag zur Dokumentation der Greueltaten zu leisten, die von den durch die USA unterstützten Regimen Marcos Jr. und Rodrigo Duterte begangen wurden. Für mich als Opfer dieser Greueltaten bietet das Tribunal eine alternative Plattform, um die Wahrheit zu dokumentieren und Gerechtigkeit und Rechenschaft zu fordern.

Wie lautete das Urteil der Jury?

Die Geschworenen des IPT befanden die US-Regierung sowie die Regime von Marcos Jr. und Duterte einstimmig der Kriegsverbrechen und der Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht für schuldig. Die Ergebnisse des IPT sind für mich eine tiefe Bestätigung und Erleichterung. Dieses Urteil ist ein kollektiver Sieg für alle Opfer von Staatsterrorismus und Unterdrückung auf den Philippinen. Darüber hinaus bedeutet es eine Quelle der Stärke für die breitere nationale Demokratiebewegung auf den Philippinen und ermutigt mehr Menschen, trotz der Risiken ihre Stimme zu erheben.

Neben den USA hat auch Deutschland seine Militäreinsätze im asiatisch-pazifischen Raum verstärkt. Wie blicken Sie auf diese weitere Eskalation?

Die Kriegstreiberei der USA in der asiatisch-pazifischen Region in Verbindung mit der Unterwürfigkeit des Marcos-Regimes demgegenüber kann für das philippinische Volk und die Umwelt nur Zerstörung bedeuten. Die Anwesenheit von NATO-Streitkräften in der Region wird die Spannungen mit China nur verstärken und das philippinische Volk in den Mittelpunkt eines sich anbahnenden, heißen Krieges stellen. Die kürzlich abgeschlossenen Balikatan-Übungen beispielsweise haben diese Spannungen verschärft und Tausende von Fischergemeinden wegen der Kriegsspiele daran gehindert, ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Jonila Castro ist Umweltaktivistin aus den Philippinen. Sie ist Mitglied von AKAP KA Manila Bay Kalikasan People’s Network for the Environment

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