Garantiert korrupt
Von Jörg Tiedjen![6neu.JPG](/img/450/195159.jpg)
Indiens Hindu-Nationalisten müssen sich erneut unlautere Wahlkampfmethoden vorwerfen lassen. Am Dienstag veröffentlichte der Sender Al-Dschasira eine Untersuchung, wonach die Regierung unter Premierminister Narendra Modi im Vorfeld des gegenwärtig in mehreren Phasen stattfindenden landesweiten Urnengangs in großem Umfang öffentliche Mittel in den eigenen Sieg investiert hat. Dabei geht es insbesondere um Werbeanzeigen des Google-Konzerns Alphabet, zu dem auch Youtube gehört, eine der in Indien meistgenutzten Informationsquellen.
Genauer habe die regierende Indische Volkspartei (BJP) unter dem Motto »Modis Garantie« im November eine Imagekampagne gestartet, die dann von der regierungseigenen Werbe- und Kommunikationsagentur Central Bureau of Communication (CBC) fast inhaltsgleich aufgegriffen wurde. In den schließlich per Google weiterverbreiteten Spots sorgt sich etwa ein Vater um seinen Sohn, der eine eigene Geschäftsidee verwirklichen will. »Aber Papa, es gibt doch Modis Garantie«, muss sich der alte Herr darauf anhören. Dank dieser »Garantie« sei Indien ein Paradies für Startups, suggeriert der Clip.
Ein weiteres Beispiel: Als Anfang März der Oppositionspolitiker Lalu Prasad Yadav dem nach hindu-fundamentalistischen Regeln asketisch und enthaltsam lebenden Modi vorwarf, »keine Familie zu haben«, habe das CBC per Google einen Spot geschaltet, in dem der Premier zusammen mit Armeeangehörigen das Diwali-Fest begeht, worauf das Schlagwort lanciert wird: »Wir sind alle Modis Familie.«
Im Zentrum der Al-Dschasira-Recherche stehen die dem »indischen Steuerzahler« entstandenen Kosten. Demnach sei das Budget des CBC im Vorfeld der Wahlen enorm erhöht worden. Zwischen Mitte November und Mitte März habe es dann umgerechnet circa 4,3 Millionen Euro für genannte Werbeschaltungen ausgegeben. Gleich dahinter folge als zweitbeste Google-Kundin die BJP selbst. Sie habe im gleichen Zeitraum noch einmal um die 3,5 Millionen Euro für die Werbeschaltungen ausgegeben. Die bedeutendste Oppositionspartei, der Indische Nationalkongress (INC), soll dagegen in einem Zeitraum von fast sechs Jahren – zwischen Juni 2018 und dem 15. März – umgerechnet lediglich circa drei Millionen Euro für Google ausgegeben haben. Am 15. März begann offiziell der Wahlkampf – von diesem Tag an musste das CBC laut Gesetz jede Werbung für Regierungsvorhaben einstellen.
Ende März reichte der INC wegen der Google-Clips bei der Wahlbehörde Beschwerde ein. Al-Dschasira weist bei der Gelegenheit darauf hin, dass auch der Kongresspartei fragwürdige Wahlkampfmethoden nicht fremd seien. Berühmtes Beispiel dafür ist Indira Gandhi, die 1975 als Regierungschefin vorübergehend ihren Hut nehmen musste, nachdem ein Gericht sie für schuldig befunden hatte, staatliche Einrichtungen für ihren Wahlkampf genutzt zu haben. Für die BJP ist es aber nicht der erste Skandal im Umfeld der laufenden Wahlen. Im März war bekanntgeworden, dass sie Hauptnutznießer anonymer Spenden war, der sogenannten Electoral Bonds, die inzwischen vom Verfassungsgericht für illegal erklärt wurden.
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