Dialektik der Architektur
Von Hagen Bonn![imago0442327519h.jpg](/img/450/195054.jpg)
Ja, Banken haben es nicht so leicht. Sie werden gern als Feindbild betrachtet und bieten in der Regel auch allen Grund dazu. Diesmal hat es die britische Barclays Bank getroffen. Ein »Querschläger« ihrer Finanzinvestitionen sorgt gegenwärtig für Aufregung in der bunten Welt der Popmusik.
Den Querschläger abbekommen hat das renommierte Musikfestival The Great Escape (15.–18. Mai) in der britischen Stadt Brighton. Seit 2006 gilt das Festival als Karrieresprungbrett für junge Künstler, eine Art Messe also. Talentjäger schießen dort regelmäßig ihre Pfeile auf markt- und profitgerechte Viervierteltakthelden. Und um auf Barclays zurückzukommen, die Bank ist einer der Sponsoren der Bühnenzauberei im Urlauberparadies Brighton, das auch unabhängig vom Festival gern von Tagesausflüglern aus dem nördlich gelegenen London genutzt wird.
Ja, und wo hat nun die drittgrößte Bank Großbritanniens investiert? Wer jetzt auf Lockenwickler oder Gebissreiniger getippt hat, liegt falsch. Rüstung wäre die richtige Antwort gewesen. Und die Steigerung zu dieser unappetitlichen Profitmaximierung? Investment bei Rüstungsunternehmen, die mit Israel Handel treiben. Geht’s noch? Und was macht man in so einer Situation als verantwortungsbewusster Kulturliebhaber? Genau, eine Kampagne gegen einen der Sponsoren der Veranstaltung – die Barclays Bank.
Sponsoren sind unter anderem auch BBC (Qualität) und Marshall (taube Ohren), die dann doch ein wenig erschraken, als mehr als 100 Künstler ihre Teilnahme absagten. Sänger Jarvis Cocker und der Musiker Brian Eno zum Beispiel. Auch Massive Attack forderten den Ausschluss des Sponsors. Und was auch wehtat, das Eröffnungskonzert und eine Grundsatzrede fielen aus, nachdem sich die Künstler der Kampagne »Bands Boycott Barclays« angeschlossen hatten.
Von wegen Musik sei politisch nutzlos. Das Zeichen wurde gesetzt und von vielen im Publikum verstanden. Noch etwas zu Barclays sollten wir wissen und weitersagen, vor allem an Spanien-Touristen. Die Bank hat dort eine Zweigstelle, die Torres de Colón. Die wurde 1976 erbaut und 2008 vom Internetprojekt Virtualtourist ausgezeichnet. Als eines der »zehn hässlichsten Gebäude der Welt«. Freilich ist das nichts anderes als die Dialektik der Architektur, wenn sich der innerlich faulende Finanzimperialismus nach außen stülpt. Übrigens: Wer eine wirklich sichere Bank sucht, dem sei die Chuck Norris Bank empfohlen.
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