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Aus: Ausgabe vom 17.05.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Lobbyismus

Union für Konzerninteressen

Bericht von Lobby Control: Konzerne geben mehr aus und beeinflussen EU-Politik erfolgreich. Bürger haben das Nachsehen
Von Mawuena Martens
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Protest gegen die konzernfreundliche Politik von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Berlin, 18.1.2020)

»In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Präsenz und Einflussnahme von großen Konzernen in der EU weiter verstärkt«, bilanziert Nina Katzemich am Donnerstag bei der Vorstellung des EU-Lobbyreports 2024 von Lobby Control. Der Bericht der gemeinnützigen Organisation belegt auf 64 Seiten, wie auch in der zu Ende gehenden EU-Legislaturperiode finanzstarke Lobbyakteure und ihre Interessengruppen Zugänge in die Politik nutzen. Und das, obwohl Brüssel »eigentlich gute Lobbyregeln« habe, so die Studienautorin. Diese seien jedoch nicht ausreichend, vor allem aber würden die bestehenden Regeln häufig nicht durchgesetzt. Das zeige sich beispielsweise daran, dass im EU-Parlament noch nie eine Strafmaßnahme für Regelverstöße verhängt worden sei.

Aurel Eschmann, Koautor des Berichts, unterstrich, dass weiterhin Akteure im EU-Parlament ein- und ausgingen, ohne sich in das Lobbyregister einzutragen, »obwohl dies bereits bei der Aufarbeitung des ›Katargate‹-Skandals als ein wichtiges Schlupfloch erkannt worden war.« Vor anderthalb Jahren war der Skandal um mutmaßliche Schmiergelder aus Katar, Marokko und Mauretanien für EU-Abgeordnete – darunter die ehemalige EU-Vizeparlamentspräsidentin Eva Kaili – aufgeflogen. In der Folge wurde lediglich ein Ethikgremium eingesetzt. Doch anstatt eines »weiteren zahnlosen Gremiums« müssten die EU-Institutionen eine »unabhängige Lobbybehörde einsetzen, die die bestehenden Regeln wirklich kontrollieren und durchsetzen kann«, forderte Eschmann.

Wie sehr es die großen Konzerne sind und nicht der kleine Umweltschutzverein aus der niederländischen Provinz, die die EU-Politik beeinflussen, zeigt ein weiteres Beispiel aus dem Bericht: 78 Prozent der Treffen mit Nichtpolitikern, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen seit ihrem Amtsantritt hatte, waren mit Akteuren aus der Wirtschaft. Nur knappe 18 Prozent entfielen auf Treffen mit Vertretern aus der Zivilgesellschaft. Auch bei der Erarbeitung von Gesetzen greife die Kommission häufig auf die sogenannte Expertise von Lobbygruppen zurück. Dabei hatte von der Leyen selbst den Vorsatz der »Ausgewogenheit und Repräsentativität der Interessenträger« in die Arbeitsmethoden der Kommission aufgenommen.

Und die Lobbymacht der Konzerne wird immer größer: Die 50 Konzerne mit den größten Lobbyausgaben in Brüssel haben Katzemich zufolge ihre Ausgaben in den vergangenen zehn Jahren um zwei Drittel erhöht. Zu den größten Lobbyakteuren gehören die Big-Tech-Konzerne. Amazon, Meta (Facebook), Microsoft, Apple, aber auch Bayer und BASF geben am meisten für Lobbying aus.

Auch ihre Methoden sind vielfältig: Neben Treffen mit Entscheidern, mehr Reichweite durch Lobbyagenturen, Abwerbungen von ehemaligen Behördenangestellten, Überschwemmung der Kommission mit Gutachten oder Auftragsstudien und »gekaufter« Wissenschaft, vernetzen sich die Lobbyisten auch stark. So unterhielten viele Big Techs äußerst gute Verbindungen zu einflussreichen Denkfabriken, sogenannten Thinktanks. Dass ihre Arbeit Früchte trägt, zeigt sich am Beispiel von Bayer. Der Chemie- und Pharmakonzern habe sein Lobbybudget in dieser Legislaturperiode um fast 80 Prozent erhöht. Das Resultat: »Bayers Pflanzengift Glyphosat darf zehn weitere Jahre versprüht werden, und ein EU-Gesetz für weniger Pestizide ist vom Tisch.«

Ein weiteres Phänomen, das der Bericht hervorhebt: Die Lobbyarbeit ist besonders im Zuge der Coronapandemie digitaler geworden. Dadurch können auch kleinere Akteure ohne teures Büro in Brüssel »plötzlich unbürokratisch digitale Lobbytreffen mit den EU-Institutionen abhalten«. Dass viele Gespräche nun in Chat­kanälen stattfinden, bedeute aber auch mehr Intransparenz. Denn während offizielle E-Mails der Öffentlichkeit auf Anfrage zugänglich gemacht werden, ist das bei Chatnachrichten nicht der Fall.

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