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Aus: Ausgabe vom 11.05.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Protest gegen neoliberale Politik

Warnschuss für Milei

Argentinien: Erneuter Generalstreik gegen Kürzungspolitik des Präsidenten. Gewerkschaften zu »härteren Maßnahmen« bereit
Von Volker Hermsdorf
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»Niemals in die Knie gehen«: Demo zum Präsidentenpalast in Buenos Aires

Zum zweiten Mal seit dem Amtsantritt von Javier Milei haben die argentinischen Gewerkschaften das Land mit einem Generalstreik lahmgelegt. Sie protestierten damit am Donnerstag gegen die Kürzungspolitik des rechten Präsidenten, der zuletzt Tausende Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen, Subventionen gekürzt und Sozialprogramme abgewickelt hat. Die Chefs der Gewerkschaftsdachverbände CGT, CTA und CTA Autónoma warnten davor, die Massenproteste zu ignorieren. Sie kündigten deren Fortsetzung an, sollte Milei seinen neoliberalen Kurs fortsetzen.

Der Regierungschef hat dem Land mit der weltweit höchsten Inflationsrate von rund 290 Prozent, in dem 60 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, eine radikale »Schocktherapie« verordnet. Nach sinkenden Reallöhnen, Massenentlassungen und angekündigten Kürzungen im Bildungsbereich plant Milei weitere marktradikale Maßnahmen, die derzeit im Senat diskutiert werden. Dazu gehört die Abschaffung staatlicher Preisobergrenzen bei gleichzeitiger Deckelung von Lohnerhöhungen. Der Generalstreik vom Donnerstag sei ein »Weckruf an die Politiker, den sozialen Schaden zu reparieren, den sie mit solchen Maßnahmen anrichten«, erklärten die Generalsekretäre der peronistischen Gewerkschaft CGT, Héctor Daer und Pablo Moyano, auf einer Pressekonferenz in Buenos Aires. Während Milei und seine Minister den Streik kritisierten und behaupteten, die Gewerkschaftsbewegung entferne sich »immer mehr von der Realität«, unterstützte ein großer Teil der Bevölkerung die Kampfmaßnahme.

»In den frühen Morgenstunden sahen die Straßen und Alleen von Buenos Aires aus wie in den Tagen der Pandemie«, schrieb die Tageszeitung Página 12. Leere Straßen, geschlossene Ämter, Schulen und Universitäten, Banken, Geschäfte und Restaurants, gestrichene Flug-, Bahn- und Busverbindungen und Krankenhäuser, die nur eine Notversorgung anboten, bestimmten das Bild. Auch Beschäftigte von Supermärkten, der Post und der Müllabfuhr legten die Arbeit nieder. Nach Angaben von Rodolfo Aguiar, Generalsekretär der Gewerkschaft der Staatsbediensteten (ATE), traten rund 97 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den Ausstand, obwohl ihnen die Regierung mit Gehaltskürzungen und anderen Strafmaßnahmen gedroht hatte. »Der Streik hat der Regierung weh getan«, resümierte Pablo Moyano. Er forderte den Senat auf, die Pläne Mileis abzulehnen, und bekräftigte, dass es zu »größeren Konflikten« kommen werde, wenn die Regierung ihre Politik nicht ändere. Der CTA-Vorsitzende Hugo Yasky forderte die Wiedereinstellung der Entlassenen im öffentlichen Dienst. Zudem müssten alle Pläne zur Privatisierung der Fluggesellschaft Aerolíneas Argentinas und anderer öffentlicher Unternehmen aufgegeben werden. Der Vorsitzende der linksperonistischen CTA Autónoma, Rodolfo Aguiar, rief dazu auf, »den Kampf zu verstärken, um die Regierung zu zwingen, die Demokratie und die Verfassung zu respektieren und sie daran zu hindern, sie weiterhin per Dekret auszuhöhlen«.

Unterstützt wurden die großen Dachverbände von sozialen Organisationen, Oppositionsparteien und kleineren Gewerkschaften, die sich zum Teil radikaler positionierten. So warnte Andrés Rodríguez, Vorsitzender der Gewerkschaft der Beschäftigten im öffentlichen Dienst (UPCN): »Wenn sich nichts ändert, werden wir mit härteren Maßnahmen weitermachen«. Ähnlich entschieden äußerten sich der Chef der Eisenbahnergewerkschaft Unión Ferroviaria, Rubén Sobrero, und Eduardo Belliboni von der trotzkistischen Partido Obrero. Mileis Wirtschaftspolitik sei nur ein Grund für die Proteste, zitierte der russische Sender RT den ATE-Vorsitzenden Aguiar. »Wir haben eine Regierung, die vor einer ausländischen Macht in die Knie geht und damit den Weg der Knechtschaft beschreitet. Wir müssen zeigen, dass wir niemals in die Knie gehen werden«, sagte er.

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