Sturm auf Tesla-Fabrik
Von Mawuena Martens und Raphaël Schmeller»Attacke, Attacke, Tesla ist kacke«: Mit diesen und weiteren Sprechchören sind am Freitag rund tausend Klimaaktivisten zu einem Protestmarsch gegen die Erweiterung der Tesla-Fabrik im brandenburgischen Grünheide aufgebrochen. Ausgangspunkt war ein wenige Kilometer vom Werksgelände entferntes Camp, in dem ein Bündnis verschiedener Organisationen seit Mittwoch Aktionstage gegen den Elektroautobauer organisiert. »Wir bleiben, bis Tesla gestoppt ist«, gaben die Protestierenden bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag als Losung aus. Das gelte auch, sollte der Gemeinderat am kommenden Donnerstag den nach den Protesten überarbeiteten Bebauungsplan beschließen. Den Aktivisten reichen die Änderungen jedoch nicht. Denn in der neuen Fassung werde lediglich der Erhalt von rund 50 Hektar Wald »zur Beruhigung der Öffentlichkeit« in Aussicht gestellt, schreibt die Bürgerinitiative Grünheide in einem Informationsblatt. Flächen des Wasser- und Landschaftsschutzgebietes seien weiterhin von der Erweiterung betroffen.
Entsprechend entschlossen wirkten die Aktivisten am Freitag morgen. Viele waren nicht nur aus Berlin, sondern der ganzen Republik angereist. Hatte im Camp 24 Stunden zuvor noch Festivalstimmung mit Sonnenschein und Musik geherrscht, bemalten die Demonstranten ihre Gesichter nun mit schwarzer Farbe und stellten sich hintereinander auf. Vorne ein schwarz gekleideter Zug, dahinter ein blauer. Knapp zwei Kilometer marschierten sie Richtung Bahnhof Fangschleuse. Die Situation war entspannt, bis kurz nach dem Überqueren der Gleise der blaue »Finger« plötzlich ausbrach und Richtung Fabrik stürmte. Die Polizei schien überrumpelt, es kam zu einer Verfolgungsjagd im Wald. Etwa 800 Aktivisten gelangten dennoch auf das Werksgelände von Tesla. Gut eine Stunde lang lieferten sich Aktivisten und Polizei ein Katz-und-Maus-Spiel, bis die Polizei die Demonstranten auf die Landstraße zurückdrängte. Es kam zu teils gewalttätigen Festnahmen. Hunderte blockierten außerdem den Flugplatz Neuhardenberg, den der Konzern als Lagerplatz für die Autos aus der »Gigafactory« nutzt.
Die Aktionen sollen den US-Autohersteller empfindlich stören, die Bündnisse sehen dafür viele Gründe. So wies Esther Kamm von »Tesla den Hahn abdrehen« bei der gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag auf die hohen Schadstoffwerte im Abwasser der Fabrik hin. Die Grenzwerte für Stickstoff und Phosphor würden um das Sechsfache überschritten. Außerdem würden in der Fabrik Ewigkeitschemikalien verwendet. Neben den Gefahren für das Trinkwasser sprächen auch die jüngsten ökonomischen Entwicklungen bei Tesla gegen das Vorhaben. Der Absatz des US-Konzerns sei eingebrochen, in Mexiko habe bereits ein Werk schließen müssen, in Grünheide werde bei einer solchen Entwicklung eine riesige Bauruine bleiben.
Roman von »Tesla stoppen« prangerte zudem die Heuchelei des globalen Nordens an, der mit Elektroautos nur »Scheinlösungen« für die Klimakrise anbiete. Dabei leide vor allem der globale Süden schon heute unter Wassermangel und den Folgen des Klimawandels. Verschärft werde die Situation dort durch den Ressourcenabbau, etwa von Lithium für E-Autos. Ole Becker von »Disrupt Tesla« bekräftigte, dass die Autos von Tesla keine Innovation seien, sondern im Gegenteil ein »mobiles Weiter so«.
Das Protestcamp, in dem nach Angaben der Organisatoren derzeit 1.200 Aktivisten zelten, soll noch bis Sonntag bestehenbleiben. Bis dahin sind weitere Aktionen geplant, unter anderem eine große Demonstration am Sonnabend in Grünheide.
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Leserbrief von Volker Wirth aus Berlin (13. Mai 2024 um 12:02 Uhr)Kann man mit einem Tesla-E-Auto Menschen umbringen oder schwer verletzen? Ja, kann man. Doch viel mehr Tote und Verletzte verursachen die Erzeugnisse der deutschen Rüstungsfabriken, und die werden nicht belagert und gestürmt – warum wohl nicht? Honni soit qui mal y pense, ein Schelm, wer Arges dabei denkt.
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