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Aus: Ausgabe vom 10.05.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Hochschuldozenten protestieren gegen Räumung von Gazacamp an FU Berlin

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Polizei nach der Räumung des Palästina-Solidaritätscamps an der Freien Universität (7.5.2024)

Über hundert Dozenten von Berliner Hochschulen protestierten am Mittwoch in einem offenen Brief gegen die Räumung eines Palästina-Solidaritätscamps auf dem Gelände der Freien Universität Berlin (FU):

Als Lehrende der Berliner Hochschulen verpflichtet uns unser Selbstverständnis dazu, unsere Studierenden auf Augenhöhe zu begleiten, aber auch zu schützen und sie in keinem Fall Polizeigewalt auszuliefern.

Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Unigelände einschließt. Die Versammlungs- und Meinungsfreiheit sind grundlegende demokratische Rechte, die auch und gerade an Universitäten zu schützen sind. Angesichts der angekündigten Bombardierung Rafahs und der Verschärfung der humanitären Krise in Gaza sollte die Dringlichkeit des Anliegens der Protestierenden auch für jene nachvollziehbar sein, die nicht alle konkreten Forderungen teilen oder die gewählte Aktionsform für nicht geeignet halten.

Es ist keine Voraussetzung für grundrechtlich geschützten Protest, dass er auf Dialog ausgerichtet ist. Umgekehrt gehört es unseres Erachtens zu den Pflichten der Universitätsleitung, solange wie nur möglich eine dialogische und gewaltfreie Lösung anzustreben. Diese Pflicht hat das Präsidium der FU Berlin verletzt, indem es das Protestcamp ohne ein vorangehendes Gesprächsangebot polizeilich räumen ließ. Das verfassungsmäßig geschützte Recht, sich friedlich zu versammeln, gilt unabhängig von der geäußerten Meinung. Die Versammlungsfreiheit beschränkt zudem nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (»Fraport«) das Hausrecht auch für Orte, die, wie wohl auch der Universitätscampus der FU Berlin, öffentlich zugänglich sind und vielfältigen, darunter öffentlichen Zwecken dienen.

Wir fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen. Der Dialog mit den Studierenden und der Schutz der Hochschulen als Räume der kritischen Öffentlichkeit sollte oberste Priorität haben – beides ist mit Polizeieinsätzen auf dem Campus unvereinbar. Nur durch Auseinandersetzung und Debatte werden wir als Lehrende und Universitäten unserem Auftrag gerecht.

Die paneuropäischen Partei ­MERA 25 informierte am Donnerstag darüber, dass ihr Spitzenkandidat zu den EU-Wahlen, Yanis Varoufakis, den deutschen Staat aufgrund eines zum Berliner Palästina-Kongresses im April erlassenen Einreiseverbots verklagt:

(…) Nachdem die deutschen Behörden dem Anwalt von Varoufakis versprochen hatten, drei berechtigte Fragen (Welche Behörde hat das Verbot erlassen? Wann? Mit welcher Begründung?) schriftlich zu beantworten, teilten sie schließlich mit, dass sie nicht antworten würden, da es um die »nationale Sicherheit« gehe und weil jede schriftliche Antwort die »ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Bundespolizei und anderer mit dem Fall befasster Sicherheitsdienste« beeinträchtigen würde. (…) Angesichts dieses klaren Verstoßes gegen deutsches und europäisches Recht und nach Rücksprache mit MERA 25 Deutschland und ihrem Anwaltsteam verklagt Varoufakis die deutschen Behörden wegen Verletzung seiner Grundrechte und Verleumdung und kündigt an, gegebenenfalls vor den europäischen Gerichten zu klagen. (…)

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