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Aus: Ausgabe vom 10.05.2024, Seite 5 / Inland
Wohnungspolitik

Subventionierte Mieterhöhungen

Wohnkosten steigen weiter drastisch an. Linke-Politikerin kritisiert: Staatliche Hilfen wie Wohngeld finanzieren Profite der Vermieter
Von Raphaël Schmeller
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Um sich das Wohnen in Deutschland noch leisten zu können, sind immer mehr Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen

Die Wohnkrise in Deutschland verschärft sich. Die Kombination aus Wohnungsknappheit und hohen Baukosten habe die Mieten weiter steigen lassen, teilte der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) am Mittwoch mit. In Mehrfamilienhäusern etwa stiegen die Wohnkosten bei neu abgeschlossenen Mietverträgen im ersten Quartal um 5,6 Prozent. Ein Ende dieses Trends ist laut VDP nicht in Sicht: »Es lastet ein immenser Druck auf dem Mietwohnungsmarkt«, sagte Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. »Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem.« Der Wohnungsbau sei in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden, weil sowohl die Kreditzinsen als auch die eigentlichen Baukosten stark gestiegen seien. Deshalb seien die Wohnungsbauzahlen eingebrochen.

Um sich das Wohnen in Deutschland noch leisten zu können, sind immer mehr Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen. Allein im vergangenen Jahr gaben Bund, Länder und Kommunen insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro für Wohngeld sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung von Bürgergeldbeziehern aus. Das geht aus einer Antwort des Bundesbauministeriums auf eine Anfrage der Linke-Bundestagsabgeordneten Caren Lay hervor, über die dpa am Donnerstag berichtete. Lay kritisierte gegenüber der Nachrichtenagentur, dass die Ausgaben für den sozialen Wohnungsbau nur einen Bruchteil der Summe ausmachten. Damit würden Mieterhöhungen von Privatvermietern statt günstige Wohnungen gefördert.

Lay kritisierte die aus ihrer Sicht falsche Prioritätensetzung der Ampelkoalition. Die Zahlungen von Kosten der Unterkunft und Wohngeld seien zwar notwendig, würden aber von Fachleuten als nicht nachhaltig eingestuft. »Durch die staatlichen Mietzahlungen werden am Ende private Mieterhöhungen subventioniert«, sagte die Linke-Politikerin. Die öffentliche Hand müsse nun deutlich mehr in bezahlbaren Wohnraum investieren, um die Ausgaben langfristig zu senken. Für dauerhaft bezahlbaren Wohnraum brauche es eine stärkere Förderung des sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbaus sowie einen Mietenstopp, forderte Lay.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (10. Mai 2024 um 09:55 Uhr)
    Stellen Sie sich vor, der Staat betritt die Bühne des Wohnungsmarktes wie ein Regisseur, der eine übertriebene Dramaproduktion in eine charmante Komödie verwandelt. Sein Werkzeugkasten? Eine Kombination aus Regulierung und Förderung, um die Wohnkosten auf ein menschenwürdiges Maß zu senken. Zuerst einmal würden wir uns von der Vorstellung verabschieden, dass der Markt sich selbst regulieren kann. Nun, wie genau würde das aussehen? Für den Anfang könnte der Staat Investitionen in den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau fördern. Dadurch würde das Angebot an erschwinglichem Wohnraum erhöht, während die Privatvermieter nicht das Monopol haben. Auf dem Wohnungsmarkt kommt die staatliche gemeinnützige Regulierung zum Tragen. Ein Mietenstopp könnte eingeführt werden, um die Gierigen zu bändigen und sicherzustellen, dass die Mieten nicht schneller steigen als die Wirtschaft. Natürlich wird es immer diejenigen geben, die argumentieren, dass der Markt am besten ohne Einmischung funktioniert. Aber wie jede gute Komödie zeigt, kann ein bisschen Struktur und Organisation eine wilde Party in ein Ereignis verwandeln, das alle genießen können. Hier geht es schließlich um das Dach über dem Kopf. Denn ein fairer Wohnungsmarkt ist keine Utopie – er ist eine Realität, die wir gemeinsam in einer Demokratie geschafft werden müssen.