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Aus: Ausgabe vom 08.05.2024, Seite 4 / Inland
CDU im Wahljahr

Partei für Militär und Kapital

CDU-Bundesparteitag will wieder Wehrpflicht und noch härtere Asypolitik
Von Marc Bebenroth
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So klar, so simpel: Delegierter auf dem CDU-Bundesparteitag in Berlin (7.5.2024)

Nach 16 Jahren auf der Regierungsbank hat die CDU bis zuletzt nichts unversucht gelassen, um durch Kampagnen und Attacken die Ampelkoalition zu spalten. Am Dienstag haben die 1.001 Delegierten des mehrtägigen Bundesparteitags in Berlin darüber abgestimmt, was der BRD durch eine neue CDU-geführte Regierung droht. So sprach sich eine klare Mehrheit dafür aus, dass die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht stufenweise reaktiviert werden soll. Bis zur Umsetzung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres soll eine Kontingentwehrpflicht eingeführt werden. Damit soll die Bundeswehr darüber bestimmen, wie viele Menschen eines Jahrgangs die Truppe nach der Musterung einzieht. Beantragt hatte dies die Junge Union.

Im neuen Grundsatzprogramm, das ebenfalls am Dienstag verabschiedet werden sollte, war dies lediglich damit angedeutet worden, dass es »nach der Aussetzung der Wehrpflicht keine Denkverbote für die Zukunft geben« dürfe, um den »Personal- und Kompetenzbedarf der Streitkräfte langfristig zu sichern«. Neben den längst üblichen Auslandseinsätzen der Truppe fordert die CDU in dem Programmentwurf außerdem den erweiterten Inlandseinsatz der Bundeswehr, der bislang nur zur Unterstützung bei Naturkatastrophen und vergleichbaren Krisenfällen zulässig ist. »Bei besonderen Bedrohungslagen, in denen nur die Bundeswehr über die spezifischen Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr verfügt, muss sie auch eingesetzt werden dürfen«, heißt es in dem 74 Seiten umfassenden Papier dazu. Die Militarisierung der Gesellschaft will die CDU übrigens auch durch eine »regelmäßige Präsenz von Soldatinnen und Soldaten im täglichen Leben und auch zur Nachwuchsgewinnung an unseren Schulen« vorantreiben.

Eine klare Mehrheit erhielt am Dienstag auch die Forderung im Grundsatzpapier nach einer weiter verschärften Asyl- und Migrationspolitik. CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hatte die dort festgeschriebene Regelung zur Verlagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb der EU kritisiert. Er sprach sich gegen »diese Hartherzigkeit, diese mangelnde Humanität« aus, Asylsuchende auch dann in Drittstaaten festzuhalten, wenn ihre Anträge auf Schutz bewilligt worden sind. Als Mitglied der Antragskommission hatte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, im Anschluss empfohlen, Röttgens Einwand abzulehnen.

Der Parteivorsitzende Friedrich Merz erklärte am Dienstag, dass mit dem neuen Grundsatzprogramm auch Wechselwähler überzeugt werden sollen, ihr Kreuz bei der CDU zu machen. Arbeiterinnen und Arbeiter, die mit diesem Gedanken spielen, sollten also das Papier genauer lesen – und sich von der kühnen Behauptung darin nicht blenden lassen, die CDU sei »die Partei der Arbeit«. So steht das Programm weniger für die Stärkung der Rechte von Lohnabhängigen, sondern vielmehr für die garantierte Versorgung des Kapitals mit Arbeitskräften. »Wer Sozialleistung erhält und arbeiten kann, der soll arbeiten.« Und Menschen, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben, sollen durch Steuersenkungen dazu verleitet werden, ihre Arbeitskraft weiterhin zu verkaufen. Die heimliche Verlängerung des Arbeitstages versucht die CDU demnach auch dadurch zu erreichen, dass »Überstunden bei Vollzeitbeschäftigung« steuerfrei werden sollen.

Neue Profite will man dem Finanzkapital durch eine Pflicht zur »kapitalgedeckten« Altersvorsorge bescheren. Gegen eine Vermögenssteuer ist man ebenso wie gegen eine effektive Erbschaftssteuer. Schließlich wolle die CDU »Familienunternehmen« nicht »in der Substanz belasten«.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (7. Mai 2024 um 21:58 Uhr)
    Die CDU hat Lernfähigkeit nicht nötig. Sie kann jederzeit »absurd, dumm und töricht« reden, wie Helmut Kohl damals zur Fünfunddreißigstundenwoche.

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