Bandera-Lobby greift an
Von Susann Witt-StahlNamhafte Vertreter der internationalen Ukraine-Kriegs- und Bandera-Lobby kamen am 16. April in Washington D. C. zur Konferenz »Russlands Bruchstelle und die Politik des Westens« zusammen. Auf der Rednerliste fanden sich Ilja Ponomarjow, Initiator der von Neonazis durchsetzten »Legion Freiheit Russlands«, sowie Walter Zaryckij, Vorstand diverser Fassadenstrukturen des Bandera-Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B). Ebenso der ehemalige Direktor der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew, Sergej Sumlenny, der den Vernichtungsantisemiten Stepan Bandera als »Freiheitschampion« verehrt. Veranstalter war die Jamestown Foundation, eine 1984 mit Unterstützung der CIA gegründete neokonservative Denkfabrik, in Kooperation mit dem »Forum der Freien Völker Postrusslands«, das für den Wiederaufbau der 1946 von der OUN-B ins Leben gerufenen antikommunistischen Internationale »Antibolschewistischer Block der Nationen« wirbt.
Nach der Mittagspause trat plötzlich eine Sprecherin der Organisatoren auf die Bühne und warnte die Teilnehmer vor dem »russischen Troll« Moss Robeson, der in Wirklichkeit US-Amerikaner, unabhängiger investigativer Publizist und jW-Autor ist und ordnungsgemäß für die Konferenz akkreditiert war. »Er hat einen unserer Teilnehmer provoziert, und es ist ihm gelungen, ihn in Schwierigkeiten zu bringen«, so die – wie etwa Videoaufzeichnungen belegen dürften – verkehrte Darstellung eines Vorfalls, der sich kurz zuvor ereignet hatte: Marko Suprun, Chef der in Kiew ansässigen und als »Faktenchecker« getarnten Kriegspropagandafabrik »Stop Fake«, hatte Robeson mit »Das ist der Kerl! Das ist der Kerl!«-Gebrüll vor die Saaltür gezerrt, wo er völlig durchdrehte: Er würgte Robeson mit beiden Händen, warf ihn zu Boden und trat auf ihn ein.
Dieser Übergriff markiert einen (vorläufigen) Höhepunkt von Anfeindungen gegen den in New York lebenden Experten für den ukrainischen Faschismus, der im Oktober 2023 auf der jW-Konferenz »Der Bandera-Komplex« in Berlin zwei Vorträge gehalten hatte. Robeson hat in den vergangenen Jahren eine Reihe kompromittierender Fakten vor allem über die wachsenden Verflechtungen zwischen der OUN-B, verbündeten Neonazinetzwerken und Politikern, Militärs, Denkfabriken von NATO-Ländern (darunter auch Deutschland) sowie deren Einflusssphären enthüllt. Entsprechend nervös und gereizt reagieren die weitgehend klandestin arbeitenden Bandera-Lobby-Seilschaften: Laut Robeson hatte ein führender Kopf der OUN-B in den USA ihm bereits 2021 gedroht: »In Washington gibt es jemanden, der dich in die Luft jagen wird.«
Auch über Marko Suprun und dessen Frau Ulana, die 2016 bis 2019 Gesundheitsministerin der Ukraine und ebenfalls auf der Konferenz anwesend war, hat Robeson unappetitliche Wahrheiten ans Tageslicht befördert: Das Paar unterhält ebenso enge Verbindungen zur OUN-B und zur militanten Neonaziszene der Ukraine, beispielsweise zu Führern des Rechten Sektors und zur für ihre Menschenjagden auf Roma berüchtigten Schlägergang »C14«, wie zur US-Rüstungsindustrie – Ulana Supruns Vater George Jurkiw war Generalmanager des Technologielieferanten für die »Abrams«-Panzer, North American Controls.
Besonders heikel: Supruns »Stop Fake«-Projekt, das mit Facebook kooperiert, wird unter anderem vom CIA-Thinktank National Endowment for Democracy, dem Außenministerium der Tschechischen Republik, der britischen Botschaft sowie George Soros’ International Renaissance Foundation gefördert – obwohl die Leugnung der Kollaboration der OUN-B mit Hitlerdeutschland in der Vergangenheit und antisemitischer Übergriffe von ukrainischen Neonazis in der Gegenwart zum Kerngeschäft der NGO gehört. Historische und andere Dokumente, die die Verbrechen von Nazis belegen, werden von Suprun regelmäßig als »Fake« deklariert. Nach seinem gewalttätigen Ausraster wurde er von am Veranstaltungsort anwesenden Polizeibeamten in Handschellen abgeführt, und Robeson musste im Hospital untersucht werden. Derzeit wird gegen Suprun wegen Körperverletzung ermittelt.
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Leserbrief von Ingrid Koschmieder aus Berlin (30. April 2024 um 17:15 Uhr)Der erschreckende gewalttätige Übergriff dieses Marko Suprun auf Moss Robeson lässt mich an eine Art offenen Brief oder Petition an US-Stellen wie das US-Außenministerium und die Information über den gesamten Vorgang an US-Organisationen, die entschieden für Meinungsfreiheit eintreten, denken. Moss Robeson soll ganz offenbar eingeschüchtert werden. Solidarität mit Moss Robeson!
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