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Aus: Ausgabe vom 27.04.2024, Seite 8 / Ansichten

Klimaschutz beerdigt

Beschluss des Bundestags
Von Wolfgang Pomrehn
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Gegen den Klima-Canceler: Fridays-for-Future-Protest vor dem Bundeskanzleramt (Berlin, 24.11.2023)

Was macht eine Regierung, die sich weder ans Gesetz halten, noch sich um Urteile des Verfassungsgerichts scheren will? Sie ändert das Gesetz mit ihrer Mehrheit im Bundestag und vertraut darauf, dass das Gedächtnis der Menschen kurz sowie die Legislaturperiode längst vorbei ist, wenn Karlsruhe erneut entscheiden wird. Denn dazu wird es sicherlich kommen, sofern sich ein Kläger gegen die am Freitag verabschiedete Novelle des Klimaschutzgesetzes findet.

Die Bundesregierung behauptet zwar, nachgebessert zu haben, aber das Gegenteil ist der Fall. Nun sind die Fachminister nicht mehr verpflichtet einzugreifen, wenn in ihrem Aufgabenbereich zu viel Treibhausgase emittiert werden. Bisher waren für die einzelnen Sektoren, wie Verkehr, Industrie etc. jährliche Höchstmengen festgelegt, die schrittweise abgesenkt wurden. Ein Expertenrat wachte darüber, dass die Ziele eingehalten wurden. War dies nicht der Fall, wie regelmäßig beim Verkehr, hätte das zuständige Ministerium eigentlich binnen weniger Monate einen Katalog mit Sofortmaßnahmen zum Nachholen des Versäumten vorlegen müssen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte beim ersten Mal noch ein launisch-unwirksames Dokument vorgelegt und später die Arbeit mit Duldung des Bundeskanzlers gänzlich verweigert.

Zuletzt hatte er gar, um von seiner Untätigkeit abzulenken und Stimmung gegen Klimaschutz zu machen, wieder besseren Wissens behauptet, die Ziele seien nur mit Fahrverboten zu erreichen. Dabei ist seit Jahrzehnten bekannt, was beim Verkehr passieren müsste, um den Treibhausgasausstoß zu senken: Last- und Personenfernverkehr müsste auf die Schiene verlagert und diese endlich vollständig elektrifiziert werden. Außerdem müsste der öffentliche Personennahverkehr drastisch ausgebaut und das Fahrradfahren in den Städten sicherer gemacht werden. Finanzieren ließe sich das alles spielend, wenn die mehreren Dutzend Milliarden Euro, die jährlich in die Subventionierung des Pkw-Verkehrs fließen, umgewidmet würden. Subventionen, die zudem über Pendlerpauschale und Dienstwagenprivileg vor allem den Besserverdienenden zugutekommen und die die andere Hälfte der Bevölkerung, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht hinterm Steuer sitzen kann, benachteiligen.

Doch das wäre schlecht fürs Geschäft, schlecht für die Dividende der Quandts (BMW), Piëchs (Porsche, VW) & Co. Denn mit Autos lässt sich – Klimakrise hin oder her – in Deutschland noch immer sehr viel Geld verdienen. Deshalb knausert der liberale Verkehrsminister mit dem direkten Draht zur Branche lieber bei den Mitteln für den ÖPNV, verschleppt die Bahnsanierung, aber spendiert mal eben 150 Millionen für »Flugtaxis«, die dann vermutlich die Kinder Reicher zur Schule bringen, die man ja nun wirklich nicht dem gefährlichen Straßenverkehr aussetzen kann.

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