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Aus: Ausgabe vom 27.04.2024, Seite 7 / Ausland
Prozess gegen Trump

Trumps Kartenhaus wackelt

USA: Erste Zeugenaussage im Verfahren gegen Expräsident. Geheimhaltung eingekauft
Von Alex Favalli
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Der Prozess trifft den Ansatz des Politischen: Expräsident Trump in New York City (26.4.2024)

Für Donald Trump steht derzeit alles auf dem Spiel. Das erste Strafverfahren gegen einen Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten begann am Montag mit den Eröffnungsplädoyers. Gleichzeitig kämpft der Angeklagte um seine Wiederwahl im Herbst, die ihn im Erfolgsfall vor dem Strafverfahren bewahren könnte. Um Einfluss von außen zu verhindern, wird der Öffentlichkeit nur ein stark beschränkter Zugang zum Verlauf des Prozesses gestattet: Es gibt keine Kameras und ein Großteil der Gerichtsverhandlungen wird durch das Verbergen bestimmter Gerichtsakten geheimgehalten.

Bekannt ist aber, dass Staatsanwalt Matthew Colangelo am Montag behauptete, die Handlungen des ehemaligen Präsidenten seien »Wahlbetrug in Reinkultur«. Trumps Anwalt Todd Blanche kritisierte die Aussagen und sagte den Geschworenen: »Es ist nichts Falsches daran, zu versuchen, eine Wahl zu beeinflussen. Das nennt man Demokratie.«

Der Vorwurf gegen den New Yorker Milliardär lautet, er habe im Rahmen der Präsidentschaftswahl 2016 Geschäftsunterlagen gefälscht, um Schweigegeldzahlungen zu vertuschen. Die Adressatinnen dieser Gelder wären laut Anklage die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels und das Model Karen McDougal gewesen. Der ehemalige Präsident gab den Reportern am Montag abend vor dem Gerichtssaal seine eigene achtminütige Zusammenfassung. Er bestand darauf, dass die Zahlungen an seinen ehemaligen Anwalt Michael Cohen korrekt als Gerichtskosten verbucht wurden und nicht, wie die Staatsanwaltschaft behauptet, als Erstattung für die 130.000 Dollar an Daniels. Der ehemalige Anwalt wäre wegen »anderer Vorwürfe im Zusammenhang mit Steuerbetrug« inhaftiert worden.

Aber Cohen bekannte sich 2018 auch eines Verstoßes gegen die Wahlkampffinanzierung für die Zahlung an Daniels schuldig. Trump soll die Zahlungen genehmigt haben, um die Schauspielerin davon abzuhalten, seiner Präsidentschaftskampagne 2016 zu schaden, indem sie mit ihrer Geschichte von einer gemeinsamen sexuellen Beziehung an die Öffentlichkeit ging. Trump bestreitet dies allerdings und plädierte auf nicht schuldig.

Doch bereits diese Woche wendete sich die Beweislage gegen den Angeklagten. David Pecker, ehemaliger Chef der Muttergesellschaft des Boulevardblatts National Enquirer, wurde von Dienstag bis Donnerstag als erster Zeuge verhört und sagte unumwunden aus, dass der Hauptzweck seiner Entscheidung, die Geschichte von McDougal zu kaufen, darin bestanden habe, Trumps Wahlkampf zu unterstützen. »Wir wollten nicht, dass diese Geschichte Herrn Trump und seine Kampagne in Verlegenheit bringt oder schädigt«, sagte er und bezog sich dabei auf sich selbst und Cohen. Auf die Frage des Staatsanwalts, ob es seine Absicht war, damit den Wahlkampf zu beeinflussen, antwortete Pecker mit Ja.

Pecker soll also routinemäßig Quellen für exklusive Geschichten bezahlt haben, um deren Veröffentlichung zu vermeiden. Sowohl Staatsanwälte und Zeugen haben dieses Vorgehen im Prozess als »Catch and kill«-Strategie bezeichnet. Statt dessen brachte das Unternehmen McDougals Bild auf der Titelseite der Zeitung und ließ sie einige Fitnesskolumnen schreiben. Als er am Donnerstag nachmittag von Trumps Anwalt Emil Bove befragt wurde, schilderte Pecker, wie US-Medien frühestens ab den 2000er Jahren routinemäßig »Quellenvereinbarungen« eingingen, in denen sie Geschichten kauften und vernichteten. Namhafte Politiker, Filmstars und Profisportler, etwa Arnold Schwarzenegger, Mark Wahlberg und Tiger Woods seien davon betroffen gewesen.

Obwohl die Staatsanwälte um eine rasche Entscheidung gebeten haben, damit der Fall noch vor den Wahlen im November verhandelt werden kann, deutete alles darauf hin, dass ein Urteil des Obersten Gerichtshofs nicht in naher Zukunft zu erwarten sei. Insgesamt wird Trump in 34 Fällen rund um die Schweigegeldzahlungen angeklagt. Richter Samuel Alito unterstrich die Schwere des Falles, indem er sagte, dass »was auch immer wir entscheiden, für alle zukünftigen Präsidenten gelten wird«. Das Gerichtsverfahren wird am kommenden Dienstag wieder aufgenommen.

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